Donnerstag, 5. November 2009

Alltag II

Mittags essen wir Sambusas, mit Fleisch gefüllte Teigtaschen, die wir mit so süßem Tee herunterspülen, dass der Löffel senkrecht in der Mitte der Tasse steht.
Warum mache ich nichts, warum suche ich mir nichts, Eigeninitiative als Stichwort. Nun ja. Das klingt jetzt vielleicht etwas abwägig, aber tatsächlich hat es mich nicht wenig Zeit gekostet, wirklich zu begreifen, dass es keine Arbeit gibt. Oft wurde ich hingehalten, mir wurden Dinge versprochen, die nicht eingetreten sind, mir wurde stumpfsinnige Arbeit gegeben, wie tackertenn z.B., wogegen ich mich irgendwann weigerte.
Die Arbeit ist geprägt von Gegensätzen, den auf der anderen Seite wurde uns (meiner Mitvoluntärin und mir) alles zugetraut, zugemutet. So zum Beispiel sollte ich ein eigenes Projekt gründen, dass mehrere Aspekte umfassen sollte. Ich sollte so etwas wie ein kulturelles Zentrum aufbauen, von Grund auf, im traditionellen rwandischen Stil, um dort die erzeugnisse jugendlichen kreativen Ergusses denjenigen praesentieren zu koennnen, die eben bereit sind für dieses museumsähnliche Konstrukt Eintritt zu zahlen. Es sollte um Tanz, Theater, Fotographie, Malerei, kurz um alle Arten der Kunst gehen, gemanaged von mir. Um das Projekt auf die Beine zu stellen, wurde ein kompletter Kostenvoranschlag von mir verlangt, ein ganzes Proposel mit allen inhaltlichen und finanzellen Einzelheiten, Ich sollte mich sozusagen selbstständig machen und eine Art unternehmen gründen.
Name: Nharama-Wedding-Tourist-Cultual-Village-Projekt, in Anlehnung des Wohnbezirks in Berlin-Wedding und der englischen Bedeutung des Wortes: Hochzeit. Das sei nicht nur lustig, sondern würde meinen Footprint hinterlassen und mich hier verewigen, gäbe dem Projekt eine europäische Würze.
Ich jedoch fühlte mich überfordert und veralbert. In verschiedenerlei Hinsichten. Ich wusste zudem, das Hannah, meine Arbeitskollegin und WG- Mitbewohnerin sich bei mir einmal sehr frustriet darüber geäußert hat, das man hier kein Problem damit habe, jemandem eine Scheinaufagbe zu geben, eine Beschäfigungstherapie, damit die eigene Kompetenz nicht angezweifelt werden kann und es eben nicht augenscheinlich wird, dass man eventuell überfordert ist mit einem Voluntär und man sich eingestehen müsste, schlicht etwas nicht zu koennen. Ich merkte, dass viel Arbeit ohne Sinn auf mich wartete.
Dazu kommt aber noch ein psychologisches Problem: die Erfahrung nicht gebraucht zu werden ist vielleicht einige Zeit ertragbar, wird aber irgendwann zum Märtyrium. Wer sich erinnern kann, ich zog aus mit den Worten: Geld spenden kann ich nicht, Einfluss habe ich auch keinen nennenswerten vorzuweisen, was ich allerdings habe, ist mein guter Wille und meine Lebenszeit, sowie das, was ich bis jetzt in meiner Karriere als Schüler gelernt habe!
Das konnte ich so aber nicht umsetzen.

Stetig quälte ich mich immer schwerer aus dem Bett morgens, weil ich nicht richtig vertanden habe wofür ich mir eigentlich die Mühe mache, nur um auf der Arbeit vertröstet zu werden? Ab und zu gab es etwas zu tun, dann freute ich mich. Doch größtenteils bin ich dem äußeren Erscheinungsbild, dem Selbstbewussten Auftreten auf den Leim gegangen.
Die Kulurelle Brille trübte mir zudem ebenfalls den Blick: wenn es nichts gäbe, dann würden die es mir doch sagen?
Im Endeffekt war ich vertrauenseliger als ich mir selbst zugetraut hätte.
War die Zeit nun umsonst bis hierher?
Nein. Denn es gibt verschiedene Arten hier zu Arbeiten, seinen Beitrag zu leisten. Nämliche aktiv und passiv. Auch wenn ich bis jetzt nicht unbedingt sehen konnte, wie zum Beispiel eine Hütte mehr und mehr unter meinen Händen wächst, so haben doch immernoch die Menschen in meiner Umgebung mit mir den Kontakt gehabt, mit mir im interkulturellen Dialog gegenseitig Vorurteile und verzerrte Weltbilder nicht nur über den jeweils anderen, sondern auch von sich selbst zurechtgerückt. Ein Lernprozess, dessen Einfluss nicht unmittelbar auszumachen ist, vielleicht niemals messbar sein wird, doch immerhin existiert er. Ein Weißer, der nich alles kann, verzweifelt ist? Und wenn es nur das ist, dann wurde etwas von der Überhöhung des Westlers beseitigt, dann haette ich etwas beigetragen!