Dienstag, 22. Dezember 2009

Es weihnachtet sehr in Uganda

Hallo ihr Lieben, ich habe die Möglichkeit im Internet zu sein. Ist ja auch kein Ding, sollte man meinen, hier in Kigali, der Hauptstadt des Vorzeigeentwicklungslandes. Nun bin ich aber nicht in Besagter Stadt, sondern im Süden Ugandas. Ich reise im Moment über die Weihnachtszeit etwas herum, treffe verschiedene Freiwillige und genieße die tolle Ladschaft sowie die etwas andere Mentalität. Ein Tapetenwechsel also. Es tut gut mal nicht "give me my money" zu hören, als bettelnde Aufforderung, sondern "YOU give money". Diese fein nuancierten kulturunterschiede sind geradezu erfrischend.
Die Landschaft ist wirklich eine andere und sehr herlich. Ich habe den ersten Bus von Kigali direkt nach Kampala genommen und mich gewundert, wie sehr ich mich schon an den kaugummi-zieh-artigen Gang der Rwander gewöhnt habe, den es war alles in Massen auf den Straßen und im Eiltempo.
Ich wurde sogar überholt.
Im Stadttheater sah ich eine Cussion veranstaltung, bei der einheimische Musik originell uminterpretiert wurde, gesungen und getanzt wurde. Jetzt muss man sich das aber icht wie eine deutsche Veranstaltung vorstellen, bei der das Publikum sitzend mit einem Kaltgetränk jeweiliger wahl aus sicherer partizipationsunmöglicher Distanz optisch genießt, nein, es wurde jedem ein Musikinstrument marke holzschlägel mit Blechdeckel oder Trommel in die Hände gedrückt und freundlich aber bestimmt dazu auffgefordert doch dem eigenen Rythmus zu folgen und erweckungstänzerisch in einem Kreis zu tanzen, draufzuhauen auf was sich halt gerade in der Hand befindet und ein Erlebnis der besonderen Art zu teilen und mit nach Hause zu nehmen.
Es war köstlich. Und relativ einheitlich, sagen wir mal kollektiv individuell.
Der Bahai Tempel war der religiöse Höhepunkt meines Kampalaaufenthalts, von dieser Geneinschaft gibt es nur auf jedem Kontinent einen Tempel, in Europa übriges Hannovernah. Da wir die einzigen Besucher waren, gab es eine philosophisch-theologische Unterredung im Garten bei Sonnenschein.
In kurzen Hosen realisierte ich, dass der vierte Advent schon vorbei ist.
Von da aus trieb es mich und einen Freund auf die Ssese Inseln, eine wunderschönes Fleckchen im Victoriasee, auf dem wir entspannten und geführte Wanderungen durch die wilde Natur machten. Frische Mangos schmecken einfach unglaublich süß und herlich, den Geschmack milderten wir mit frischem Wasser, das wir direkt aus der Quelle tranken. Dennis, unser Guide war sehr zuvorkommend und hat uns tolle versteckte Orte gezeigt mit den Worten " this is a verrry bushy place". Natürlich kam die Entspannung nicht zu kurz, einen ganzen Sonnentag gönnten wir uns am Sandstrand nahe Palmenrand, aber erst nach unserer Tour von sechs stunden.

Ich fuhr weiter nach Fortportal, was heißt, dass wir um halb fünf losgingen, um Rechtzeitig alles zu schaffen und den Sonnenaufgang mit Wetterleuchten zu absorbieren, während die rosenfingrige Morgenröte mit Sternschnuppennachzüglern durchzogen wird.
Die Fahrt war milde gesagt ein Märtyrium. Ich kam um neun uhr abends an. Ich war sechzehn stunden unterwegs. Wie geht das? Wa macht man solange? Pure Freude am eingequetschten sitzen zwischen transperierenden Mitfahrern? Nicht wirklich, eher die falsche Buswahl, nicht von der Richtung her, sondern wegen des Transportmittels. Mit einem Berliner innerstäddtishen Linienbus bin an die Ostsee zu fahren, dabei an jeder dritten Kreuzung Gäste zu-und aussteigen zu lassen wäre wohl das passende deutsche Äquivalent. Man braucht nerven wie Drahtseile. Ich war stolz auf mich, den ich bin fast garnicht übertrieben ausgetickt, als ich realisierte, dass ich einen ganzen Tag gegen einen wunden Hosenboden eingetauscht hatte.
Man muss das positiv sehen, ich sah viel von der an mir vorbeizischenden Landschaft, den ich hatte durchgehend den Kopf aus dem Fenster gehalten, teils, weil die Flora und Fauna hübsch anzusehen war, teils weil ein Gast auf engstem Raum mit zwanzig Leuten im minibus Fisch mitanschleppte!

Hir schreibe ich nun von der Vulkankraterlandschaft, wo man in Seen unterschiedlicher Farbe schwimmen und sich entsapnnen kann. Ich fahre noch zum bilharziosefreien und kühlen Bunyonisee, um meinen haselnussbraunen Hautfarbton die letzen farbtupfer richtung rot-verbrannt zu geben und bin dann Weihnachten mit Freunden am Weihnachtsfeiern in Kigali.

Und damit zum eigentlichen Thema meines Blogs: Weihnachten.
Mir get es gut, ich vermisse euch, bin aber gut gelaunt und habe mir überaus liebe Menschen um mich herum. Ich grüße, drücke, begutwünsche einen Jeden von euch und freue mich die Möglichkeit zu haben, euch ein frohes Fest wünschen zu können.

Fröhliche Weihnachten aus Uganda und Rwanda nach Deutschland, Italien und die Slowakei!!
Ich bin im Herzen bei euch, trennen tut uns nur ein läppischer Kontinent, was will das schon heißen?
Eben.
Somit: turi kumwe, wir sind zusammen!

Montag, 7. Dezember 2009

Neue Arbeit II

Nachmittags wird geimpft. Wir machen das erstmal nur in der oralen Version, da wir noch keine Injektionsausbildung haben. Macht aber nichts, denn das ist her fast genauso viel Arbeit. Man steht da im Kittel, dem ersten Anlass zur Panik mit einer kleinen gläsernen Ampulle mit Aufsatz in der Hand, der zweite Anlass bei Sichtung, beugt sich über das Kind und sagt in gebrochenem Kinyarwanda soviel wie: keine Problem, mach den Mund weeeeit auf. Das klappt praktisch nie. Deswegen wird das Kind von Ärzten und Müttern fixiert, mit Daumen und Zeigefinger werden die Wangen zusammengedrückt, sodass eine Schnute mit Öffnung entsteht, da die Backen jedoch nicht das einzige unter Druck sind, leider auch mit der Nebenwirkung eines seelischen Panikzustandes des Kindes, das nicht selten zu denken scheint, man wolle es umbringen, es windet sich, fuchhtelt wild herum und in Tränen aufgelöst fängt es an zu schreien. Das ist dann aber berechneterweise genau der Moment, wo man blitzschnell und hinterlistig die zwei lebensrettenden Tropfen im Mund versenkt. Ein kurzer stutziger Blick, meist sofortig abebbende Tränen und die Erleichterung setzen ein.
Hat man aber eine Reihe von Kindern, vorzugsweise Geschwister dazustehen, ist die Panik infektiös, es steht eine Horde von aus leibeskräften brüllenden Kindern vor einem, die nacheinander relativ lieb- und verständnislos von ihren Müttern an einem Arm herangezerrt werden. Aber das ist hier so üblich. Väter sieht man hier übrigens fast nie Kinder bringen, genauso alltag.
Die Krönung, und für mancherlei Stöpsel das fiese Finale, ist die Markierung mit nicht abwaschbarem Filzstift auf dem Nagel des linken kleinen Fingers. Einige können ab da mitunter nicht im geringsten mehr an sich halten, andere sehen es als Belohnung.

Zwei Extreme sind mir schon untergekommen. Das eine Mädchen hat bei meinem Anblick schlagartig angefangen zu heulen. Es war erstaunlich, wie erst ein kurzer Schatten des wiedererkennens, oder eben vielmehr des Erkennens etwas unbekannten durch die Augen huschte, sich das ganze kleine Gesichtchen zusammenzog, als hätte sie in eine Zitrone gebissen und plötzlich schrie. Sie konnte schon laufen und präsentierte spontan ihre humane interpretation von gehetztes-Tier-flüchtet-ums-Leben. Die Mutter lachte entschuldigend, doch das Kind war in schierer Panik. Der Kopf wurde im Schoß eingeklemmt, der Nacken zurückgelelgt, weit aufgerissene Augen erschlugen nacheinander alle umstehenden und sie stampfte so sehr mit den Füßen das wir Schwierigkeiten hatten sie zu halten. Bei meinem Anblick ging gar nichts mehr. Aufeinmal rinnt Urin an ihrem Bein herab und sie steht in einer Pfütze, stampft ungeachtet weiter. Die gleiche Tortur spielt sich noch mal bei der Markierung ab. Sie tat mir ehrlich leid.
Das nächste Baby schrie auch aus Leibeskräften. Ich schnalzte mit der Zunge und sagte nannana wer wird den wohl schreien, hielt den Daumen hoch und lächelte. Wer hätte gedacht, dass es manchmal nicht mehr bedarf, denn es hörte blitzartig auf, musterte mich mit großen runden Kulleraugen, schaute mich fragend an und hielt einen Winzigen Daumen mich imitierend in die Höhe.
Das letzte kleine Mädchen war bestechen süß, als sie nicht nur nichts von sich gab, waehrend sie gehorsam geimpt wurde, sondern sich ihren kleinen Finger mit schiefgelegtem Kopf besah und befand, dass das so ja wohl nicht ginge, nicht reiche, deshalb alle zehn Finger nach vorne hielt und eine komplette maniküre verlangte, sozusagen, zumindest aber einheitlich schwarzbekritzelte Nägel verlangte. Gesagt getan. So stolzierte sie dann andächtig alle Finger gespreizt beguchtend davon.

Natürlich. Die neue Arbeit ist sehr anstrengend. In einem Raum mit mindestens drei schreienden Kindern, meist, nein, fast immer mehr, dazu die schwitzenden Personen, die Rufe, das Transpirieren und das Lachen der Mütter mischt sich mit der olfaktorischen Erfahrungswelt von vielleicht vier bis fünf gleichzeitig zu wickelnden Kindern, die auf dem Schoß bäuchlings liegend bearbeitet werden.

Doch ich mag sie, die neue Stätte meines Schaffens, denn im Gegensatz zur Vorigen sehe ich hier direkt die Auswirkungen meines Handelns, ich habe den Eindruck wirklich beizutragen und habe gleichzeitig die Erfahrung gemacht, dass sowohl das Medizinische, als auch die Arbeit mit Kindern (trotz des ganzen nervenaufreibenden Stresses) mir wirklich zusagt. In zwei Monaten spätestens werde ich auf dem Gelände den Arbeitsbereich wechseln können, um mir etwas anderes anzuschauen, somit hat das Projekt hier sozusagen mehrere eingeschlossen.
Um es auf den Punkt zu bringen, für alle die mit mir mitgefiebert haben: ich bin glücklich!

Freitag, 4. Dezember 2009

Neue Arbeit I

Einer meiner letzten Einträge behandelte meine frustrierte Schilderung meiner letzten Arbeit. Drei Monate sollten in dieses fremde Land ziehen, bis ich durch ein langsam, zugegebenermaßen, sehr langsam heranreifendes Bewusstsein gleichzeitig den Wunsch verspüren sollte, etwas sinnvolles zu tun. Dieser Moment war gekommen.
Mit meinen Tutoren hatte wir uns erst auf die Suche nach Neuem zu machen, wodurch wir einige Erfahrungen auf dem Gebiet der Ablehnung machten, aber auch alte Strukturen des generellen nicht-abgelehnt-seins wiedererkannten, frei nach dem Motto: Voluntär kar, deutsch? Nur her damit, was man für diese zu tun hat ist ja erstmal zweitrangig. Tatsächlich waren wir auf verschiedenen neuen Areitsstätten genau nur ein Tag um schnell zu realisieren, dass wir auch hier unmöglich bleiben können.
Schließlich landeten wir in Nyamirambo, dem Kreuzbergäquivalent zum Berliner Bezirk, viel Jugend, viel los,wild. Mittendrin steckt ein von katholischen Priesterinnen geleitetes Gesundheitszentrum, das von außen sehr klein aussieht, innen aber nicht nur an Fläche, sondern auch durch Kompetenz und Herzlichkeit besticht. Es gibt verschiedene Einrichtungen innerhalb der Organisation, in die man sich einleben kann und in die wir reinschnuppern dürfen. Ein Labor, ein Kindergarten, Krankenstationen, hiv/Aids Test- und Beratungsstelle, Tuberkuloseabteilung und eben die Pediatrie, in der wir die erste Zeit verbringen.
Vorweg, ich hätte nicht gedacht, dass mir die Arbeit mit Klein- und Kleinstkindern spaß machen könnte, doch tatsächlich ist es trotz der Anstrengung ein tolle Sache, am Ende des Tages mit dem Gefühl schlafen zu gehen, was für die Jüngsten unter uns geschafft zu haben, ein Schritt gemeinsam in die Zukunft getan zu haben.
Wie sieht die Arbeit konkret aus? Morgens erheben Hannah und ich unser müdes Haupt gegen sechs aus dem bis zu den Latten eingedrückten Schaumstoff, Frühstücken gemeinsam und laufen zur hiesigen Busstation unserer Viertels, fahren bis in die Stadt, steigen um, steigen aus, laufen wieder etwas und sind nach rund einer dreiviertelstunde an dem Ort, wo wir bis kurz vor fünf bleiben sollen.
Wir schlüpfen in unsere Kittel, sie Lila ich grün, setzen uns mit einer Kollegin an die Waage und empfangen die ersten Mütter, die mit ihrer Kartei in der Hand das Gewicht das Babys wissen müssen. Diese werden jeden Monat gewogen, anhand einer Tabelle mit der Größe verglichen und bekommen Prozenteinheiten zur Darstellung genannt, auf was für einem weg sich das Kind befindet. Das ganze wird auf einer graphischen Darstellung punktiert ( nach oben hin offen, nicht wie in Deutschland, dass man in den Bereich von Übergewicht rutschen kann). Sollte die Mutter nicht gut genug für ihr Kind sorgen und es ist unterversorgt, dann bekommt es zusätzlich zum vorwurfsvollen Tadel unserer Schwester, die selbst Mutter ist, den Auftrag regelmäßig in der Station zu erscheinen und am gemeinsamen Essen teilzunehmen, sowie beim Zubereiten zu helfen.

Darüberhinaus gibt es Kurse zum korrekten Zubereitung lokaler Nahrung für Babys. Das darf man sich aber nicht wie eine Powerpointpräsentation in einem high.end- Seminarraum vorstellen, vielmehr wie ein gemeinsames hock-in mit frischer Luft um die Nase und krabbelnden Kindern um einen her, während vorne, vielmehr mitten drin das Anschauungsmaterial, of zu schälende Bohnen, in die Höhe gehalten werden.
Um zehn Uhr ist Teezeit. Definitiv einer der Gründe, warum ich dieses Lnd liebe. Man trinkt einen african tea, viel Milch und etwas Wasser aufgekocht mit dem einheimischen zu Pulver verarbeiteten Tee, manchmal noch mit Ingwer, wird heiß geschlürft in einer kleinen Teekammer.
Bis zur Mittagspause wird der langsam abebbende Mütterstrom bearbeitet, um dann erschöpft in die wohlverdiente Phase der entspannung entlassen zu werden. Denn das Wiegen ist eine Kunst für sich. Die Babys haben oft noch keine weiße Person gesehen, müssen aber ausgezogen auf der kleinen Waage fixiert werden, man greift zusätzlich auch noch direkt über ihre Köpfe hiweg an die Einheiten zum Einstellen des Gegengewichts. Dabei schreien die Kleinkinder nicht selten aus vollem Halse und erleichtern sich vor Schreck auf die Waage. Der Lärm von Kindergeschrei den ganzen Morgen über ist sehr erschöpfend.