Dienstag, 28. Juli 2009

some facts

Für alle die vorhaben mir eventuell auch eine Sachricht zu schicken die direkt greifbar ist, manchmal ist es ja eine ganz feine Sache einmal mit dem Finger die Füllerschrift langfahren zu können, hier ist meine Anschrift in Kigali, Ruanda:

Post

Matthias Lücke
c/o DED-Weltwärts
B.P. 186
Kigali
Ruanda


Ich fliege am 06.08.09, einem Donnerstag. Ich muss am Flughafen Tegel bis 05:45 eingecheckt haben.
Meine Zeit ist jetzt zugegebenermaßen echt knapp, ich möchte alle noch mindestens einmal sehen, um mich gebührend verabschieden zu können. Da mir ziemlich viel um die Ohren flattert, kann es sein, dass ich die eine oder andere Sache vergesse, weißt mich auf alles hin, ich bin euch dankbar!

Euer Mattes

Vorbereitungsseminar

Hallo ihr lieben, die Vorbereitung für das Vorbereitungsseminar läuft auf Hochtouren. Morgen ist es soweit, dann steige ich in die Bahn, oder hoffentlich in ein Auto mit anderen Freiwilligen falls wir uns noch organisiert bekommen sollten, um runter nach Lützensommern zu fahren, ein Rittergut, der zwar abgelegen aber wunderschön sein soll.

Tag 1
Ich bin da, tatsächlich ist es hier angenehm, das Gelände ist wirklich mittelalterlich, jede landesspezifische Vorbereitungsgruppe hat ihren eigenen Raum, morgens um acht scheint es frühstück zu geben, um neun starten wir meistens alle Freiwilligen gemeinsam. Miene Truppe ist absolut klasse, wir sind nicht so viele, aber Charakterstarke junge Leute, mit denen ich schon wirklich gut zurechtkomme.

Die Anfahrt war Ereignislos, das klingt jetzt langweilig uninteressant, aber warum immer alles ironisieren, soll doch einmal an dieser Stelle angeführt werden was gut war: ich hatte keine nervigen Mitfahrgäste bei mir in keinem Abteil, weder in ihr Telefon hysterisch schreiende uv-geröstete Greise die glauben, die Entfernung zwischen sich und ihrem Gesprächspartner mit purer Lautstärke überbrücken zu müssen, noch sich und alle in ihrer Umgebung besinnungslos kreischende Säuglinge. Das einzige negativ highlight war die Bahnmitarbeiterin am Ticketschalter, die mich fragte ob ich denn (weil ich meine Bahncard 25 vergessen hatte) diese später vorzeigen möchte, jetzt also mit Ermäßigung fahren möchte. In ihr (um nicht dümmlich zu sagen) der mentalen Bescheidenheit schmeichelndes Gesicht forderte ich einer Eingebung (und einstmals negativen Erfahrungsbelehrung) folgend, was es denn kosten würde im Nachhinein. Es stellte sich heraus, dass jenes Nachzeigen 15 Euro kostet, die Ermäßigung mit der Karte hätte es mir ermöglicht zehn Euro zu sparen. Auf meine Frage hin, wann sie gedenken würde mir diese Milchmädchenrechnung zu offenbaren wurde sie wie erwartet pampig und gab mir zu verstehen dass ich sie als Kunde nicht nur bei ihrem wohlverdienten morgentlichen Dösen unterbräche, sondern vielmehr auch sich ihrer Kenntnis entziehenden Informationen wünschte.

Wie dem auch sei, jetzt bin ich hier, an einem Ort voller junger motivierter Zivis. Ich habe noch nie eine so hohe Dichte an Haar pro Kopfhautfläche an einem Ort gesehen. Auf dem Boden lag eine Tatz, die Leittitelüberschrift in etwa: Bundeswehr und Gelöbnis…ich lachte, es waren Soldaten des Wachbataillon abgebildet, ich war zugegebenermaßen etwas Schadenfroh. Da sah ich mein eigenes Gesicht. Eine echte Schocksituation. Aufnahmen aus dem letzten Jahr…

Die Folgenden Tage
Waren geprägt von Kommunikationstraining. Ich hatte mich im Eifer des kommunikativen Gefechts angesteckt an denjenigen Seminarteilnehmern, die mit einem sowieso schon angeschlagenen Immunsystem die fünfer Kombinationsimpfung sich haben verabreichen lassen um alles hinter sich zu bringen in möglichst kurzer Zeit, deren Immunsystem aber kurzerhand beim Seminar, ein Tag nach der Spritzung, zusammenbrach. Ich ging also mit Paracetamol geschluckt früh ins bett und die Mittagspause horchte ich noch zusätzlich an der Matratze um Energie zu tanken.

Die konkreten Tipps, die mich am meisten fesselten, waren diejenigen über Kommunikation. Dass die typische deutsche Form der Informationsübertragung nicht greift im Ausland, dass die rohe Substanz an purer Information zu rar ist, emotional verpackt werden muss, dass sozusagen es die Aufgabe des freiwilligen ist, die „Blackbox“ herauszufinden, in die das zu Sagende reingeworfen werden muss, darin durch ein undefinierbares Geknäul von Mentalität, Konstituierung, Erfahrung und Sozialisierung gewirbelt wird, um schließlich als diejenige Aussage ausgeworfen zu werden, die einem am Ende passt.

Der Geist soll offen sein, wie ein Fallschirm, je offener, desto sicherer landet man. Ich hatte eigentlich vermutet direkt auf meine Einsatzstelle vorbereitet zu werden, jedoch werden wir als Einzelcharaktere in unseren individuellen Kompetenzen geschult, was auch sinnvoll erscheint, denn UNS nehmen wir überall mit hin und auf die Stelle kann man sich niemals so gut vorbereiten, wie sich selbst dazu zu bringen sich sicher zu fühlen.

Die Nächste Ernüchterung war die Aussage, dass wir keine echten Freundschaften werden schließen können, dass der erste Kontakt immer schnell hergestellt werden kann, jedoch alles darüber hinaus meistens nicht möglich ist.

Unsere Pausengestaltung ist ansonsten insofern interessant, als dass ein Teilnehmer eine „Slackline“ gespannt hat und wir alle zusammen „slacken“ was eigentlich nichts anderes bedeutet, als über ein flaschenzuggespanntes Band zwischen zwei Bäumen zu balancieren. Aber diese Beschreibung ist wohl mit einer zu uncoolen Konnotation behaftet, als das man diesen Sport einfach „Balancieren“ nennen könnte, außerdem bedarf es heutzutage ja der allseits um sich greifenden Anglizismen um etwas als Interessant verkaufen zu können. So bin ich hier also temporär zum „gelegenheitsslacker“ geworden.

Nachbetrachtung:
Eine wunderbare Zeit, die ich mit wirklich tollen Leuten verbringen durfte. Man stelle sich eine art „mini-Woodstock“ vor, wobei sozial engagierte, allseits interessierte und im Thema Kommunikation äußerst fitte außnahme-Personen zusammen ein Woche verbringen. In den Pausen wird barfuß mit Gitarren in der Hand über diejenigen Inhalte von diskutiert, bei denen routinemäßig die Leute die Augen verdrehen und entweder Sachen sagen wie: „ das ist mir jetzt aber doch zu abstrakt“ oder „ jaaaa, ich weiß die Welt ist schlecht“ und nicht zu vergessen „du bist viel zu emotional und machst dir viel zu sehr einen Kopf“.
Folgendes widme ich dieser Zeit:

Wie kommts, dass mitten im Nichts
Man Jugend findet so pur
In Lützensömmern was ein Witz
Sie sich bekennt zum guten Schwur

Dort wo Ambitionen walten
Sich klare Kehlen korrekt verhalten
Kristallene Augen einander ansehn
Und im tiefen Einklang verstehn

Zum Klang der gitarre
In eifrig Wortgefecht
Ich genießend ausharre
Sind unsere Ideale gerecht

Vor Glück platzend prall
Ist unsere Stimmung
Ich in Hoffnung hell erhall
Über Erfahrungsgewinnung

Herrlich gemeinsam Zeit
Ist selten und rar
Sie uns gegen alles feit
Ich sie für immer im Herzen bewahr!

Ich bin sehr dankbar, ich habe viel gelernt undsehe gut vorbereitet und voller Vorfreude dem Jahr in Ruanda entgegen!

Dienstag, 7. Juli 2009

Italien Deutschland Afrika

Es ist soweit, der letzte Italienumfassende Blog der euch hiermit zur Verfügung steht.
Ich bin in Berlin. Seit Sonntag bin ich hier. Ihr fragt euch warum das alles so schnell ging? Ich mich auch. Vor einigen Tagen hat mir der Deutsche Entwicklungs Dienst geschrieben. Meine Stelle Wurde Bewilligt. Ich hatte mich aufgrund mehrfacher Ablehnung meiner Reisezielwünsche dafür entschlossen diejenigen Orte auf meine Präferenzliste zu setzen, die warscheinlich keiner machen will. Prompt bekam ich eine Zusage.

Am dritten August geht mein Flieger nach RUANDA. Ich werde mit Jugendlichen zusammenarbeiten und bei der Arbeitsbeschaffung, sowie bei der Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Jungen Menschen helfen. Dieses Arbeitsnetzwerk will ausgebaut und effizient gemacht werden. Weiterhin werde ich Weiterbildungsmaßnahmen organisieren.

Da es schon so bald losgeht musste ich überhastet abreisen. Ende Juni wurde mir gesagt ich hätte für die bürokratischen Formalien noch Zeit bis einen Monat vor der Abreise, also noch drei Tage. Ich buchte also den Flug, überstürzte mich in organisatorischen Problemen und eilte Heimwerts. Das Problem war, dass ich nicht alle Unterlagen die benötigt wurden, in Italien zur Hand hatte, Gudrun jedoch nicht in Berlin war, um mir auszuhelfen.

Jetzt konnte ich einigermaßen alles regeln. Heute war ich in einem Tropeninstitut, um meine Tropentauglichkeit testen zu lassen. Ich muss jetzt noch Impfungen bekommen, alleine heute habe ich drei in den linken Arm bekommen, Tollwut (erste von drei Spritzen) Gelbfieber (wundern sie sich nicht wenn sie bis zu Handtellergroße Rötungsstellen bekommen, ihr Körper wird jetzt arbeiten müssen: o-Ton Arzt) schließlich noch Meningitis (volle Bezeichnung soll hier aus Ermangelung der Fähigkeit des Autors den gesamten Namen auch nur auszusprechen, geschweige denn zu schreiben, weggelassen werden). Ich fühle mich jetzt etwas schlapp. Ich bin sozusagen heute komplett infiziert worden. Aber lieber hier kontrolliert als dann in Afrika in irgendeiner Hauruckaktion. Als ich die ganzen Informationen und Hintergründe erfuhr, alles penibel überprüft und abgesegnet wurde, war ich doch froh nicht in irgendeinem italienischen Wartezimmer zu sitzen und nur die halbe nötige Behandlung zu bekommen, nur aus dem Grund weil ich die hälfte verstehe und die Italiener es nicht so genau halten mit den Gesundheitsvorschriften.

Die nächsten zwei Wochen stehen im Zeichen des Krafttankens und des Freundesehens, wiederholten lesens und beantwortens der letzten Mails und des Abklapperns derjenigen Verwandschaft, die Lust hat noch einen letzten Blick auf dasjenige verrückte Familienmitglied zu werfen, dass sich vorgenommen hat für ein Jahr ( in nicht mal mehr einem Monat) nach Afrika zu gehen.
An all diejenigen die jetzt das Stichwort „Ruanda“ kurz bei „Google“ eingegeben haben und als erstes die Wörter „Völkermord“ oder „Genozid“ gelesen haben, alsbald eifrig im Kopf angefangen haben eine Mail zu verfassen wie man mich denn wohl am Besten davon überzeugen könnte dieses Himmelfahrtskommando zu unterlassen, möchte ich gerne die folgenden Worte richten; Ich werde gehen. Alles was mich aufhalten kann ist eine negative Einschätzung meiner Tropentauglichkeit, oder aber meine vollkommene Inkompetenz bezüglich bürokratischer Verfahren, mit der Folge nicht ausreisen zu können weil ich irgendwelche Fristen nicht eingehalten habe.

Ich weiß aber dass ihr mir das gönnt. Es gibt nichts wichtigeres als seinen eigenen Weg zu gehen. Um einem Pärchen zu gedenken, welches ich noch im Hotel kennengelernt habe: ich werde natürlich nicht das LETZTE RISIKO eingehen. Ich werde auch nicht im harten Sinne Entwicklungshilfe betreiben müssen, ich werde in keine Gefechte gezogen außer denjenigen des alltäglichen Überlebenskampfes junger Menschen ohne Perspektive und Ausbildung. Es ist genau diejenige Art von Arbeit die ich anbieten kann. Ohne Geld zu spenden ist es dennoch das HUMAN-Kapital, das an diesen Stellen sogar noch wertvoller wiegt als jeder Euro in der Hand. Da wo ein Schulheft voller Informationen und Wissen effektiver ist als ein Sturmgewehr, da möchte ich hin, da werde ich hin gehen, da muss ich sein.