Dienstag, 22. Dezember 2009

Es weihnachtet sehr in Uganda

Hallo ihr Lieben, ich habe die Möglichkeit im Internet zu sein. Ist ja auch kein Ding, sollte man meinen, hier in Kigali, der Hauptstadt des Vorzeigeentwicklungslandes. Nun bin ich aber nicht in Besagter Stadt, sondern im Süden Ugandas. Ich reise im Moment über die Weihnachtszeit etwas herum, treffe verschiedene Freiwillige und genieße die tolle Ladschaft sowie die etwas andere Mentalität. Ein Tapetenwechsel also. Es tut gut mal nicht "give me my money" zu hören, als bettelnde Aufforderung, sondern "YOU give money". Diese fein nuancierten kulturunterschiede sind geradezu erfrischend.
Die Landschaft ist wirklich eine andere und sehr herlich. Ich habe den ersten Bus von Kigali direkt nach Kampala genommen und mich gewundert, wie sehr ich mich schon an den kaugummi-zieh-artigen Gang der Rwander gewöhnt habe, den es war alles in Massen auf den Straßen und im Eiltempo.
Ich wurde sogar überholt.
Im Stadttheater sah ich eine Cussion veranstaltung, bei der einheimische Musik originell uminterpretiert wurde, gesungen und getanzt wurde. Jetzt muss man sich das aber icht wie eine deutsche Veranstaltung vorstellen, bei der das Publikum sitzend mit einem Kaltgetränk jeweiliger wahl aus sicherer partizipationsunmöglicher Distanz optisch genießt, nein, es wurde jedem ein Musikinstrument marke holzschlägel mit Blechdeckel oder Trommel in die Hände gedrückt und freundlich aber bestimmt dazu auffgefordert doch dem eigenen Rythmus zu folgen und erweckungstänzerisch in einem Kreis zu tanzen, draufzuhauen auf was sich halt gerade in der Hand befindet und ein Erlebnis der besonderen Art zu teilen und mit nach Hause zu nehmen.
Es war köstlich. Und relativ einheitlich, sagen wir mal kollektiv individuell.
Der Bahai Tempel war der religiöse Höhepunkt meines Kampalaaufenthalts, von dieser Geneinschaft gibt es nur auf jedem Kontinent einen Tempel, in Europa übriges Hannovernah. Da wir die einzigen Besucher waren, gab es eine philosophisch-theologische Unterredung im Garten bei Sonnenschein.
In kurzen Hosen realisierte ich, dass der vierte Advent schon vorbei ist.
Von da aus trieb es mich und einen Freund auf die Ssese Inseln, eine wunderschönes Fleckchen im Victoriasee, auf dem wir entspannten und geführte Wanderungen durch die wilde Natur machten. Frische Mangos schmecken einfach unglaublich süß und herlich, den Geschmack milderten wir mit frischem Wasser, das wir direkt aus der Quelle tranken. Dennis, unser Guide war sehr zuvorkommend und hat uns tolle versteckte Orte gezeigt mit den Worten " this is a verrry bushy place". Natürlich kam die Entspannung nicht zu kurz, einen ganzen Sonnentag gönnten wir uns am Sandstrand nahe Palmenrand, aber erst nach unserer Tour von sechs stunden.

Ich fuhr weiter nach Fortportal, was heißt, dass wir um halb fünf losgingen, um Rechtzeitig alles zu schaffen und den Sonnenaufgang mit Wetterleuchten zu absorbieren, während die rosenfingrige Morgenröte mit Sternschnuppennachzüglern durchzogen wird.
Die Fahrt war milde gesagt ein Märtyrium. Ich kam um neun uhr abends an. Ich war sechzehn stunden unterwegs. Wie geht das? Wa macht man solange? Pure Freude am eingequetschten sitzen zwischen transperierenden Mitfahrern? Nicht wirklich, eher die falsche Buswahl, nicht von der Richtung her, sondern wegen des Transportmittels. Mit einem Berliner innerstäddtishen Linienbus bin an die Ostsee zu fahren, dabei an jeder dritten Kreuzung Gäste zu-und aussteigen zu lassen wäre wohl das passende deutsche Äquivalent. Man braucht nerven wie Drahtseile. Ich war stolz auf mich, den ich bin fast garnicht übertrieben ausgetickt, als ich realisierte, dass ich einen ganzen Tag gegen einen wunden Hosenboden eingetauscht hatte.
Man muss das positiv sehen, ich sah viel von der an mir vorbeizischenden Landschaft, den ich hatte durchgehend den Kopf aus dem Fenster gehalten, teils, weil die Flora und Fauna hübsch anzusehen war, teils weil ein Gast auf engstem Raum mit zwanzig Leuten im minibus Fisch mitanschleppte!

Hir schreibe ich nun von der Vulkankraterlandschaft, wo man in Seen unterschiedlicher Farbe schwimmen und sich entsapnnen kann. Ich fahre noch zum bilharziosefreien und kühlen Bunyonisee, um meinen haselnussbraunen Hautfarbton die letzen farbtupfer richtung rot-verbrannt zu geben und bin dann Weihnachten mit Freunden am Weihnachtsfeiern in Kigali.

Und damit zum eigentlichen Thema meines Blogs: Weihnachten.
Mir get es gut, ich vermisse euch, bin aber gut gelaunt und habe mir überaus liebe Menschen um mich herum. Ich grüße, drücke, begutwünsche einen Jeden von euch und freue mich die Möglichkeit zu haben, euch ein frohes Fest wünschen zu können.

Fröhliche Weihnachten aus Uganda und Rwanda nach Deutschland, Italien und die Slowakei!!
Ich bin im Herzen bei euch, trennen tut uns nur ein läppischer Kontinent, was will das schon heißen?
Eben.
Somit: turi kumwe, wir sind zusammen!

Montag, 7. Dezember 2009

Neue Arbeit II

Nachmittags wird geimpft. Wir machen das erstmal nur in der oralen Version, da wir noch keine Injektionsausbildung haben. Macht aber nichts, denn das ist her fast genauso viel Arbeit. Man steht da im Kittel, dem ersten Anlass zur Panik mit einer kleinen gläsernen Ampulle mit Aufsatz in der Hand, der zweite Anlass bei Sichtung, beugt sich über das Kind und sagt in gebrochenem Kinyarwanda soviel wie: keine Problem, mach den Mund weeeeit auf. Das klappt praktisch nie. Deswegen wird das Kind von Ärzten und Müttern fixiert, mit Daumen und Zeigefinger werden die Wangen zusammengedrückt, sodass eine Schnute mit Öffnung entsteht, da die Backen jedoch nicht das einzige unter Druck sind, leider auch mit der Nebenwirkung eines seelischen Panikzustandes des Kindes, das nicht selten zu denken scheint, man wolle es umbringen, es windet sich, fuchhtelt wild herum und in Tränen aufgelöst fängt es an zu schreien. Das ist dann aber berechneterweise genau der Moment, wo man blitzschnell und hinterlistig die zwei lebensrettenden Tropfen im Mund versenkt. Ein kurzer stutziger Blick, meist sofortig abebbende Tränen und die Erleichterung setzen ein.
Hat man aber eine Reihe von Kindern, vorzugsweise Geschwister dazustehen, ist die Panik infektiös, es steht eine Horde von aus leibeskräften brüllenden Kindern vor einem, die nacheinander relativ lieb- und verständnislos von ihren Müttern an einem Arm herangezerrt werden. Aber das ist hier so üblich. Väter sieht man hier übrigens fast nie Kinder bringen, genauso alltag.
Die Krönung, und für mancherlei Stöpsel das fiese Finale, ist die Markierung mit nicht abwaschbarem Filzstift auf dem Nagel des linken kleinen Fingers. Einige können ab da mitunter nicht im geringsten mehr an sich halten, andere sehen es als Belohnung.

Zwei Extreme sind mir schon untergekommen. Das eine Mädchen hat bei meinem Anblick schlagartig angefangen zu heulen. Es war erstaunlich, wie erst ein kurzer Schatten des wiedererkennens, oder eben vielmehr des Erkennens etwas unbekannten durch die Augen huschte, sich das ganze kleine Gesichtchen zusammenzog, als hätte sie in eine Zitrone gebissen und plötzlich schrie. Sie konnte schon laufen und präsentierte spontan ihre humane interpretation von gehetztes-Tier-flüchtet-ums-Leben. Die Mutter lachte entschuldigend, doch das Kind war in schierer Panik. Der Kopf wurde im Schoß eingeklemmt, der Nacken zurückgelelgt, weit aufgerissene Augen erschlugen nacheinander alle umstehenden und sie stampfte so sehr mit den Füßen das wir Schwierigkeiten hatten sie zu halten. Bei meinem Anblick ging gar nichts mehr. Aufeinmal rinnt Urin an ihrem Bein herab und sie steht in einer Pfütze, stampft ungeachtet weiter. Die gleiche Tortur spielt sich noch mal bei der Markierung ab. Sie tat mir ehrlich leid.
Das nächste Baby schrie auch aus Leibeskräften. Ich schnalzte mit der Zunge und sagte nannana wer wird den wohl schreien, hielt den Daumen hoch und lächelte. Wer hätte gedacht, dass es manchmal nicht mehr bedarf, denn es hörte blitzartig auf, musterte mich mit großen runden Kulleraugen, schaute mich fragend an und hielt einen Winzigen Daumen mich imitierend in die Höhe.
Das letzte kleine Mädchen war bestechen süß, als sie nicht nur nichts von sich gab, waehrend sie gehorsam geimpt wurde, sondern sich ihren kleinen Finger mit schiefgelegtem Kopf besah und befand, dass das so ja wohl nicht ginge, nicht reiche, deshalb alle zehn Finger nach vorne hielt und eine komplette maniküre verlangte, sozusagen, zumindest aber einheitlich schwarzbekritzelte Nägel verlangte. Gesagt getan. So stolzierte sie dann andächtig alle Finger gespreizt beguchtend davon.

Natürlich. Die neue Arbeit ist sehr anstrengend. In einem Raum mit mindestens drei schreienden Kindern, meist, nein, fast immer mehr, dazu die schwitzenden Personen, die Rufe, das Transpirieren und das Lachen der Mütter mischt sich mit der olfaktorischen Erfahrungswelt von vielleicht vier bis fünf gleichzeitig zu wickelnden Kindern, die auf dem Schoß bäuchlings liegend bearbeitet werden.

Doch ich mag sie, die neue Stätte meines Schaffens, denn im Gegensatz zur Vorigen sehe ich hier direkt die Auswirkungen meines Handelns, ich habe den Eindruck wirklich beizutragen und habe gleichzeitig die Erfahrung gemacht, dass sowohl das Medizinische, als auch die Arbeit mit Kindern (trotz des ganzen nervenaufreibenden Stresses) mir wirklich zusagt. In zwei Monaten spätestens werde ich auf dem Gelände den Arbeitsbereich wechseln können, um mir etwas anderes anzuschauen, somit hat das Projekt hier sozusagen mehrere eingeschlossen.
Um es auf den Punkt zu bringen, für alle die mit mir mitgefiebert haben: ich bin glücklich!

Freitag, 4. Dezember 2009

Neue Arbeit I

Einer meiner letzten Einträge behandelte meine frustrierte Schilderung meiner letzten Arbeit. Drei Monate sollten in dieses fremde Land ziehen, bis ich durch ein langsam, zugegebenermaßen, sehr langsam heranreifendes Bewusstsein gleichzeitig den Wunsch verspüren sollte, etwas sinnvolles zu tun. Dieser Moment war gekommen.
Mit meinen Tutoren hatte wir uns erst auf die Suche nach Neuem zu machen, wodurch wir einige Erfahrungen auf dem Gebiet der Ablehnung machten, aber auch alte Strukturen des generellen nicht-abgelehnt-seins wiedererkannten, frei nach dem Motto: Voluntär kar, deutsch? Nur her damit, was man für diese zu tun hat ist ja erstmal zweitrangig. Tatsächlich waren wir auf verschiedenen neuen Areitsstätten genau nur ein Tag um schnell zu realisieren, dass wir auch hier unmöglich bleiben können.
Schließlich landeten wir in Nyamirambo, dem Kreuzbergäquivalent zum Berliner Bezirk, viel Jugend, viel los,wild. Mittendrin steckt ein von katholischen Priesterinnen geleitetes Gesundheitszentrum, das von außen sehr klein aussieht, innen aber nicht nur an Fläche, sondern auch durch Kompetenz und Herzlichkeit besticht. Es gibt verschiedene Einrichtungen innerhalb der Organisation, in die man sich einleben kann und in die wir reinschnuppern dürfen. Ein Labor, ein Kindergarten, Krankenstationen, hiv/Aids Test- und Beratungsstelle, Tuberkuloseabteilung und eben die Pediatrie, in der wir die erste Zeit verbringen.
Vorweg, ich hätte nicht gedacht, dass mir die Arbeit mit Klein- und Kleinstkindern spaß machen könnte, doch tatsächlich ist es trotz der Anstrengung ein tolle Sache, am Ende des Tages mit dem Gefühl schlafen zu gehen, was für die Jüngsten unter uns geschafft zu haben, ein Schritt gemeinsam in die Zukunft getan zu haben.
Wie sieht die Arbeit konkret aus? Morgens erheben Hannah und ich unser müdes Haupt gegen sechs aus dem bis zu den Latten eingedrückten Schaumstoff, Frühstücken gemeinsam und laufen zur hiesigen Busstation unserer Viertels, fahren bis in die Stadt, steigen um, steigen aus, laufen wieder etwas und sind nach rund einer dreiviertelstunde an dem Ort, wo wir bis kurz vor fünf bleiben sollen.
Wir schlüpfen in unsere Kittel, sie Lila ich grün, setzen uns mit einer Kollegin an die Waage und empfangen die ersten Mütter, die mit ihrer Kartei in der Hand das Gewicht das Babys wissen müssen. Diese werden jeden Monat gewogen, anhand einer Tabelle mit der Größe verglichen und bekommen Prozenteinheiten zur Darstellung genannt, auf was für einem weg sich das Kind befindet. Das ganze wird auf einer graphischen Darstellung punktiert ( nach oben hin offen, nicht wie in Deutschland, dass man in den Bereich von Übergewicht rutschen kann). Sollte die Mutter nicht gut genug für ihr Kind sorgen und es ist unterversorgt, dann bekommt es zusätzlich zum vorwurfsvollen Tadel unserer Schwester, die selbst Mutter ist, den Auftrag regelmäßig in der Station zu erscheinen und am gemeinsamen Essen teilzunehmen, sowie beim Zubereiten zu helfen.

Darüberhinaus gibt es Kurse zum korrekten Zubereitung lokaler Nahrung für Babys. Das darf man sich aber nicht wie eine Powerpointpräsentation in einem high.end- Seminarraum vorstellen, vielmehr wie ein gemeinsames hock-in mit frischer Luft um die Nase und krabbelnden Kindern um einen her, während vorne, vielmehr mitten drin das Anschauungsmaterial, of zu schälende Bohnen, in die Höhe gehalten werden.
Um zehn Uhr ist Teezeit. Definitiv einer der Gründe, warum ich dieses Lnd liebe. Man trinkt einen african tea, viel Milch und etwas Wasser aufgekocht mit dem einheimischen zu Pulver verarbeiteten Tee, manchmal noch mit Ingwer, wird heiß geschlürft in einer kleinen Teekammer.
Bis zur Mittagspause wird der langsam abebbende Mütterstrom bearbeitet, um dann erschöpft in die wohlverdiente Phase der entspannung entlassen zu werden. Denn das Wiegen ist eine Kunst für sich. Die Babys haben oft noch keine weiße Person gesehen, müssen aber ausgezogen auf der kleinen Waage fixiert werden, man greift zusätzlich auch noch direkt über ihre Köpfe hiweg an die Einheiten zum Einstellen des Gegengewichts. Dabei schreien die Kleinkinder nicht selten aus vollem Halse und erleichtern sich vor Schreck auf die Waage. Der Lärm von Kindergeschrei den ganzen Morgen über ist sehr erschöpfend.

Donnerstag, 5. November 2009

Alltag II

Mittags essen wir Sambusas, mit Fleisch gefüllte Teigtaschen, die wir mit so süßem Tee herunterspülen, dass der Löffel senkrecht in der Mitte der Tasse steht.
Warum mache ich nichts, warum suche ich mir nichts, Eigeninitiative als Stichwort. Nun ja. Das klingt jetzt vielleicht etwas abwägig, aber tatsächlich hat es mich nicht wenig Zeit gekostet, wirklich zu begreifen, dass es keine Arbeit gibt. Oft wurde ich hingehalten, mir wurden Dinge versprochen, die nicht eingetreten sind, mir wurde stumpfsinnige Arbeit gegeben, wie tackertenn z.B., wogegen ich mich irgendwann weigerte.
Die Arbeit ist geprägt von Gegensätzen, den auf der anderen Seite wurde uns (meiner Mitvoluntärin und mir) alles zugetraut, zugemutet. So zum Beispiel sollte ich ein eigenes Projekt gründen, dass mehrere Aspekte umfassen sollte. Ich sollte so etwas wie ein kulturelles Zentrum aufbauen, von Grund auf, im traditionellen rwandischen Stil, um dort die erzeugnisse jugendlichen kreativen Ergusses denjenigen praesentieren zu koennnen, die eben bereit sind für dieses museumsähnliche Konstrukt Eintritt zu zahlen. Es sollte um Tanz, Theater, Fotographie, Malerei, kurz um alle Arten der Kunst gehen, gemanaged von mir. Um das Projekt auf die Beine zu stellen, wurde ein kompletter Kostenvoranschlag von mir verlangt, ein ganzes Proposel mit allen inhaltlichen und finanzellen Einzelheiten, Ich sollte mich sozusagen selbstständig machen und eine Art unternehmen gründen.
Name: Nharama-Wedding-Tourist-Cultual-Village-Projekt, in Anlehnung des Wohnbezirks in Berlin-Wedding und der englischen Bedeutung des Wortes: Hochzeit. Das sei nicht nur lustig, sondern würde meinen Footprint hinterlassen und mich hier verewigen, gäbe dem Projekt eine europäische Würze.
Ich jedoch fühlte mich überfordert und veralbert. In verschiedenerlei Hinsichten. Ich wusste zudem, das Hannah, meine Arbeitskollegin und WG- Mitbewohnerin sich bei mir einmal sehr frustriet darüber geäußert hat, das man hier kein Problem damit habe, jemandem eine Scheinaufagbe zu geben, eine Beschäfigungstherapie, damit die eigene Kompetenz nicht angezweifelt werden kann und es eben nicht augenscheinlich wird, dass man eventuell überfordert ist mit einem Voluntär und man sich eingestehen müsste, schlicht etwas nicht zu koennen. Ich merkte, dass viel Arbeit ohne Sinn auf mich wartete.
Dazu kommt aber noch ein psychologisches Problem: die Erfahrung nicht gebraucht zu werden ist vielleicht einige Zeit ertragbar, wird aber irgendwann zum Märtyrium. Wer sich erinnern kann, ich zog aus mit den Worten: Geld spenden kann ich nicht, Einfluss habe ich auch keinen nennenswerten vorzuweisen, was ich allerdings habe, ist mein guter Wille und meine Lebenszeit, sowie das, was ich bis jetzt in meiner Karriere als Schüler gelernt habe!
Das konnte ich so aber nicht umsetzen.

Stetig quälte ich mich immer schwerer aus dem Bett morgens, weil ich nicht richtig vertanden habe wofür ich mir eigentlich die Mühe mache, nur um auf der Arbeit vertröstet zu werden? Ab und zu gab es etwas zu tun, dann freute ich mich. Doch größtenteils bin ich dem äußeren Erscheinungsbild, dem Selbstbewussten Auftreten auf den Leim gegangen.
Die Kulurelle Brille trübte mir zudem ebenfalls den Blick: wenn es nichts gäbe, dann würden die es mir doch sagen?
Im Endeffekt war ich vertrauenseliger als ich mir selbst zugetraut hätte.
War die Zeit nun umsonst bis hierher?
Nein. Denn es gibt verschiedene Arten hier zu Arbeiten, seinen Beitrag zu leisten. Nämliche aktiv und passiv. Auch wenn ich bis jetzt nicht unbedingt sehen konnte, wie zum Beispiel eine Hütte mehr und mehr unter meinen Händen wächst, so haben doch immernoch die Menschen in meiner Umgebung mit mir den Kontakt gehabt, mit mir im interkulturellen Dialog gegenseitig Vorurteile und verzerrte Weltbilder nicht nur über den jeweils anderen, sondern auch von sich selbst zurechtgerückt. Ein Lernprozess, dessen Einfluss nicht unmittelbar auszumachen ist, vielleicht niemals messbar sein wird, doch immerhin existiert er. Ein Weißer, der nich alles kann, verzweifelt ist? Und wenn es nur das ist, dann wurde etwas von der Überhöhung des Westlers beseitigt, dann haette ich etwas beigetragen!

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Alltag

Hallo meine Lieben,
nachdem ich euch einen meiner schluesseltage skizziert habe, gezeigt habe, wie vollgeladen an Erfahrung und verschiedensten Situationen so kurze Zeit sein kann, will ich euch nun mal erzaehlen, wie das ganze umgekehrt sein kann. Zur Zeit lebe ich fuer meine Freizeit, alles was ich bisher berichtete ist aus der Zeit, während welcher ich eben nicht auf der Arbeit bin. Mehr als einmal wurde ich gefragt, was ich denn jetzt eigenntlich konkret machen wuerde.
Aber das ist das Problem. Nichts.
Auf meiner Arbeit, yes Rwanda, habe ich einen Tutor, der mit mir zusammen sein Projekt durchzieht und alles mit mir gemeinsam macht. Soviel zur Theorie. Die Praxis sieht leider anders aus. Er sollte derjenige sein, der ueberwiegend in the fields ist, also auf Achse, mal salopp uebersetzt. Tatsaechlich aber sitzt er den Großteil seiner Arbeitszeit vor dem Rechner. Das ist nun nicht einer bestimmten verbesserungswürdigen Arbeitshaltung geschuldet, sondern seiner Tätigkeit an sich, dem Wesen des zu Erledigenden. Dummerweise gibt es keinen Rechner für mich, der mich befähigte ihm helfen zu können. Aber das ist garnicht wirklich das Problem, denn selbst wenn er mal beiseite rücken würde und wir gemeinsam auf den Bildschirm stierten, kann ich ihm einfach nicht so richtig helfen, muss er doch viel bürokratischen Schreibkram erledigen, der, selbst wenn ich ihm hülfe, und ihn für ihn erledigte, nochmal von ihm gemacht werden müsste.

(übrigens ist gerade der Strom ausgefallen um unter aufflackern der Glühbirnen und bei Ausbruch sintflutartiger Regenfälle, die innerhalb von kürzester Zeit den Boden erst in rotfarbenenes dunkel-besprenkeltes Punkt-Muster, dann in einen Dunstschleier tauchen, schließlich die Dämmerung erscheinen lassen, um die Vorankündigung gleich eintretender Lufterfrischung preiszugeben, und den Generator unter Brummen und Stöhnen murrend seine nicht seltene Arbeit aufnehmen zu lassen.)

So sitze ich also in meinem smart-casual outfit mit guter Hose und Hemd im office und werde nicht gebraucht. Ich trinke Tee und unterhalte mich mit unseren Arbeitskollegen und wenn ich mal einen Computer ergattern kann, schreibe ich die blogs für euch, einmal um mir nochmal die Zeit durch den Kopf gehen zu lassen die mir am Herzen liegt und die mich hier prägt und erfüllt- meine Freizeit, als natuerlich auch um euch an meinem Leben hier teilhaben lassen zu können.

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Fragen

Leben wir in einem Elfenbeinturm der Moralitaet?
Muessen erst die Grundbeduerfnisse erfuellt sein, bevor man von Ethik reden kann?
Sind wir Luxusmoralisten?
Ist allein reflexives Denken schon der Beweis einer gewissen Previligiertheit?
Wie sehr kann man weggucken? Idealismus? Luxus?
Reicht es sich Problemen schlicht zu oeffnen? Kann ich mit westlichem Wissen, Erziehung und Lebensstandard urteilen?
Idealismus als psychologischer Trick, Selbstschutz?
Muss man etwas wirklich nur genug wollen um es zu erreichen, oder ist das ein zu westlicher Spruch?
Funktioniert er nur bei gewissen Grundstandards des Lebens?
Endet er am Determinismus?

Wenn man immer weiter an das Gute glaubt, ultra-Idealist wird, fuehrt das in Theologie? Letzte Hoffnung bei keiner Hoffnung, gibt es eine hoehere Religioesitaet wo mehr verzweiflung herscht?
Ist Atheismus ein Luxus?

Gibt es verschiedene (Sonder)-Formen der Aggression, oder nur unterschiedliche Lebensumstaende?
Was ist unmoralischer- zu klauen, wenn du hunger hast, oder Kraft einer gesellschaftlich-verankerten Selbstjustiz den Dieb zu Strafen um diejenigen zu schuetzen, die im allgemeinen Schnitt daran zugrunde gehen wuerden, beklaut zu werden?
Wer will darauf eine Antwort geben?
Koerperverletzung?
Welche ist krasser, die, wenn der Dieb verpruegelt wird waehrend die Anwesenden wegschauen, oder wenn der Dieb jemandem die Lebensgrundlage wegklaut?
Ist es dann Hass, wenn jemand vepruegelt wird, oder Angst?
Markiert der Dieb genau die Kante zum Abgrund zwischen Leben und Tod?
Verpruegelt man den Tod, das Leid?

Muss man zwischem relativem und absolutem Leid unterschieden?
Entscheidet schlussendlich nicht die subjektive Erfahrungswelt?
Leidet das verwoehnte Goer, dem man das neue Paar Schuhe verweigert auf der Skala ihrer Leiderfahrungen genauso wie ein vom Leben gebeutelter Mensch, den man schlaegt?
Muessen wir Westler, Hochalter der charakterlichen Einzelindividuen nicht subjektiv-relativ argumentieren?
Ist es wiederum nicht anmaszend, zu behaupten, jemand empfaende koerperliches Leid weniger schlimm als andere?
Ist Toleranz zu weit getrieben wegschauen, runterspielen, Anteilnahmslosigkeit?
Ist es nicht eklig als aussenstehender Europaer mit erhobenem Zeigefinger zu mahnen?

Dienstag, 20. Oktober 2009

Angekommen in Afrika V

Selbiger, sich zum Ende hin neigender Tag
Wir fuehlten uns unwohl, Patrick sich genauso, eine Schluesselsituation fuer uns, fuer ihn Alltag. Ungewollter. Er hatte es eilig uns nach Hause zu bringen, wir wollten ebenfalls nur noch Heim. Die Situation war angespannt, immerhin konnten wir uns die ganzen Fragen nicht verkneifen, die uns im Kopf rumschwirrten, es wurde unangenehm.
Einmal mehr ab in den Jeep und die gleiche Strecke wie einige Zeit frueher schon langgesaust. Diesmal schweigen wir im Auto, dem Schauplatz vorangegangener Heiterkeit. Von Zeit zu Zeit unterhalten wir uns schuechtern, auf einen Auflockerungsspruch hin, den ich zur allgemeinen Wohlfuehlsteigerung beitragen wollte, lacht Patrick krachend. Das letzte mal war diese eigentlich positive Entladung anstecken, jetzt Kind der Nervositaet, fehlplatziert, duester, ja unheimlich. Wir kommen an.
Wir veabschieden uns hastig, er war froh uns abzugeben. Wir waren froh zu hause zu sein, endlich mit der Reflekton dieses so ereignisreichen Tages beginnen zu koennen.
Ersteinmal aszen wir in Ruhe etwas, der Appetit kehrte langsam zurueck.
Mit Carina und Philip verbrachte ich die ganze Nacht.
Gut, dass ich nicht alleine war. Wir redeten die ganze Nacht, fuehrten diese Art der Gespreache zwischen jungen Menschen, die wissbegierig sind, sich nicht vor Neuem scheuen, aber dennoch auf dieses europaeische Art und Weise geschockt werden koennen, wobei der Wunsch dazuzulernen ueberwiegt.
Wir setzen uns raus mit unseren schlafsaecken, schnappen frische Luft, verarbeiten langsam, beruhigen uns. Als unsere Seelen anfangen etwas zu entkrampfen, entschliessen wir uns kurzerhand einen Film zu schauen.
Die welt kann so schnell wieder in Ordnung sein. Gluecklich, nach intensivem lachen und Emotionsteilen sinken wir einer Kinderkassette lauschend laechelnd in den Schlaf.
Vielleicht einer der laengsten Tage meines Lebens geht zur Neige. Hoehen und Tiefen ungeahnten Ausmasses erlebte ich in nur so kurzer Zeit-einem Tag. Ich bin erschoepft, aber vor allem auch Dankbar fuer die Moeglichkeit hier sein zu duerfen.
Ich bin angekommen, hier, in Afrika, Rwanda.

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Angekommen in Afrika IV

Der Tag haelt noch immer an.
Ich unterhalte mich mit den anderen auf franzoesisch, stelle fest, dass ich mit einem Sprachebgeisterten unterhalte, wir tauschen uns aus: erspricht englisch, franzoesisch, Kynyarwanda und ene kongoleische Sprache- toll sage ich, was er denn im Kongo gemacht habe J’ete la-bas pour les raisons varieux- Ich war drueben aus verschiedenen Gruenden. Hm? Wie meinen? Was soll das denn genau bedeuten? Er dreht sich zu seinem Kumpel um, der ihn die gleiche Frage augenscheinlich noch mal auf seiner Muttersprache gefragt hatte. Ich verstehe etwas davon.
Was er denn gerade gesagt habe, frage ich augenzwinkernd. Er zeigt auf sein Bier, sagt er habe nur ueber die Qualitaet des selbstgebrannten Gebraeus in seiner Hand palavert.
Tatsaechlich ging es um seine Karriere als Soldat im Kongo, entweder als einer der Milizen oder als Soldat der Regierung.
Die Realitaet holt mich ein; Afrika holt mich ein.

Der Abend wird nett, ich bin entspannt und gluecklich, wuensche mir nur noch die anderen Freiwilligen herbei, mir liebe Menschen, mit denen ich das Glueck teilen kann, unglaublich gastfreundlich bei wirklich einheimischen behandelt zu werden.
Kurzerhand leihen wir uns den Jeep, duesen nach hause um diejenigen abzuholen, die gerne mitkommen wuerden. Wir steigen ein und fahren mit der Sicht auf die Kigalesische Skyline bei Nacht durch die Strassen, laut lachend, wobei man Patricks schallendes ungehemmtes und ansteckendes Gelaechter warscheinlich noch meilenweit raushoert. Seine Stimme branded lustig auf: Super driver Patrick!

Wir sind wieder zurueck auf der Party sitzen in einem dunklen Stadteil, ueber uns die Sterne, trinken etwas, angenehm entspannt begleitet ein Handy mit Musik die Stimmung. Wir lachen ausgelassen, geniessen Komplentativ unser Ankommen in der Gesellschaft.

Im Hintergrund auf einmal ein Handgemenge.
Jemand wird geschubst. Eine Person hat sich unerlaubterweise ins Haus begeben, keiner kannte ihn, ihm wurde versuchtes Klauen unterstellt. Taschenlampen fahren hektisch ueber sein Gesicht, seine Haende werden blitzschnell hinter seinem Ruecken gefesselt. Das Gerausch von Schlaegen. Man hoert Tritte, zwischen nun obskur-anmutendem Handygedudel, auf Fleisch klatschen.
Das ist normal, entspannt euch, wir sind in Afrika, sagt nicht etwa der Ignorier-und runterspiel Selbstschutzmechanismus in meinem Kopf, sonder Patrick, der mit uns zusammen Knie an Knie sitzt.
Trinkt einfach euer Bier, das ist halt so, ausserdem ist das nichts.
Er meint es ernst. Mit guter Laune, Lachen und Spruechen versucht er zu ueberspielen, wie zwei Meter hinter ihm ein Mensch in die Muehle schneller Afrikanischer Lynch- und selbstjustiz geraet, schliesslich weggezerrt wird.
Wir sind sichtlich verstoert.

Es knirscht, es knackt, die Erde bebt, die kulturelle Interkontinentalpatte unter meinen Fuessen ruckt kurz, als sie mit einem ohrenbetaeubenden Brechen sich von derjenigen Patricks abspaltet. Unsere Haende werden auseinandergerissen, das Laecheln erstirbt, eine sandende Wunde tut sich auf, Kontinente der gekappten Verbindung zwischen uns bilden sich brutal. Wir werden nach vorne gerissen als sich die Schlucht ohne Boden, eine tiefer dunkler Spalt unueberwindbar zwischen uns auftut, die tecktonische Distanzschaffung mich nach hinten reisst, das gefuehl der Uebelkeit ins unertraegliche steigert, mich noch verstoert-verzweifelt nach vorne blicken laesst, als Patrick auch schon ausserhalb meiner greif-und Hoehrweite in der Ferne erlischt.
Da ist sie wieder, die kalte Distanz, nicht uberbrueckbar, das sich verschliessende Herz, der Kloss im Hals und die Atemnot bei gleichzeitigem froesteln ohne die momentane Hoffnung auf Waerme. Ich stehe alleine da, im kalten Weltenraum meiner Verzweiflung, meines Unverstaendnisses, greife traurig nach dem einzigen hellen Punkt in der Oede, den anderen, die mit gesenktem schuettelndem Kopf traurig rythmisch sich isoliert im Takt des Wortes Warum wiegen, unfaehig zur Kommunikation.
Ich fuehle mich allein.
Ich komme einsam krachend an.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Angekommen in Afrika III

Der gleiche Tag.
Nach einer holprigen Busfahrt und ener noch holprigeren letzten Jeppe Etappe auf der wir mitgenommen wurden, kommen wir auf das Partygelaende, uns werden erst Sitzmoeglichkeiten, dann Getraenke angeboten. Ich unterhalte mich mit Patricks Freundin, wir unterhalten uns erstaunlich offen ueber die Rolle der Jungen Frau in der Rwandischen Gesellschaft, ueber die Schwierigkeiten und Restriktionen denen sie unterworfen ist, Rechenschaften, die man gegenueber seinen Eltern ablegen muss und Uhrzeiten, die einzuhalten sind.
Ich frage sie persoenlich, inwiefern sie das belastet.
Sie habe da weniger Probleme.
Ahhh, ich verstehe, ob sie denn so ein gutes, offenes, eher westlich-gepreagtes Verhaeltnis zu ihren Eltern habe, hake ich nach.
Nein, ihre Eltern seien schlicht tot.
Da war es mir wieder passiert, das Familien-dilemma, die Frage nach der Verwandschaft, die einerseits hoeflich gemeint ist, ein Entgegenkommen an das Einheimische Denken darstellen soll, mit der ich mich aber leider schon mehr als einmal auf die Nase gelegt habe.
Schweigen.Wieder komme ich an, hier, in Rwanda.

Spaeter haeb ich ein sehr tolles, befluegelndes Gespreach mit Patrick, wir unterhalten uns ueber kulturelle Unterschiede, tauschen durch unterschiedliche sozialisierungsprozesse gepreagte Standpunkte aus, machen beiderseitige Zugesteandnisee, diskutieren angeregt ueber die moeglichen Sichtweisen meines Voluntaerdaseins hier in Afrika, Vorzuege und Nachteile. Ein Substanzgespreach ueber Kernthemen, wie ich es mir gewuenscht habe hier fuehren zu koennen. Ich spuere wie die Kluft, der zwischenkulturelle Abgrund kleiner wird, die zwei weit entfernten Steilwaende des Grand-Kanyons-der-Verschiedenheit krachend aneinander rasen, die terrestrische Naht verheilt , sich in einem gemeinsamen von Verbundenheit inspiriertem Lachen aufloest. Besiegelnd reichen wir uns um unserer Komplizenschaft wissend laechelnd die Hand.

Endlich angekommen, im Kontinent der Froehlichkeit!

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Angekommen in Afrika II

Selber Tag.
Ich hatte Patrick kennengelernt, einen einheimischen, sympathischen Kigalesen, der mich prompt auf seine Familienfeier eingeladen hatte. Eine seiner Nichten (ich wollte garnicht erst fragen wie viele er denn habe) war getauft worden, was scheinbar Anlass genug ist im Anschluss die gesamte Familie einzuladen und zu bewirten, samt Freunden der Verwandschaft, so zum Beispiel ich. Die genaue Anzahl der Leute kann ich im Nachhinein nur schaetzen, es waren uebermaessig viele Leute aller Altersklassen und Hungrigkeitsstufen da, deswegen gab es ein tolles Buffet mit Salat, Fleisch Bananen und eigentlich allem was der Magen begehrt, worauf sich dann schaetzungsweise ueber fuenfzig Menschen stuerzten.
Besagte Bekanntschaft jedenfalls holte mich am fruehen Nachittag ab.

Zuvor sassen einige von uns Freiwilligen nett beisammen und genossen auf eine schoene wochen-endlich!-e Art Kaffee und Kuchen, tratschten und gonossen die durchaus europaeisch anmutenden Minuten, liessen es uns richtig gut gehen.
Wir kommen gut an, in Afrika.

Wir liefen zu ihm, ich sah sein Haus lernte einige seiner Familienmitglieder kennen und genoss die Zeit der Vorbereitung, er duschte, ich unterhielt mich, nach kurzer Zeit liefen wir geschniegelt los. Wir sollten urspruenglich von einem seiner Freunde mit dem Jeep abgeholt werden, doch aus irgendeinem unerfindlichem Grund verzoegerte dies sich, wir warteten, er bekam schliesslich einen Anruf, es klappe wohl irgendwie nicht, wir muessten uns mit den Oeffentlichen Verkehrsmoeglichkeiten begnuegen.

Wir laufen zu der Busstation, ein uebermaessig grosser Menschenauflauf steht auf der Strasse, selbst fuer kigalesische Verhaeltnisse. Die Masse ist unwirklich unbewegt, kein Wuseln, kein Geschrei, trotz hoher Personenanzahl. Ein Polizist regelt den Verkehr. Ich schaue in die Augen der auf dem Boardstein stehenden Masse, die fixiert-gebannt, sich unruehrend in eine Richtung schaut. Ich quetsche mich durch stehende Autos ueber die Strasse, gucke nach rechts.
Ein Laster steht, der Fahrer war ausgestiegen. Die Front war eingedrueckt, Glas lag auf der Strasse. Ein Meter vor dem Gefa(e)hrt liegt ein Moto auf der Seite, halb darunter ein Tuch. Unter diesem selbst etwas, von dem hinten die Fuesse, vorne der Kopf hervorschauen, das ganze umgeben von einer Lache aus Blut.
Der erste Verkehrstote den ich sehe.
Ich laufe nicht weit entfernt vorbei, schaue bewusst nicht weg, versuche die Situation zu erfassen.
I’m Sorry, wird Patrick neben mir sagen, relativ abgekleart. Auf mein Nachfragen hin, was genau er damit meine sagt er nur: this is life! Er hat recht, es passiert schneller als man denkt. Ich denke darueber nach, wieviel an dem Satz Es passiert eben doch nicht immer nur den Anderen an Wahrheit steckt.
Schmerzlich komme ich an.

Dienstag, 29. September 2009

Angekommen in Afrika I

Ich skizziere euch meinen Schluesseltag:

Samstag, morgens Afrika, Rwanda, Kigali, Kinamba, Appabena, mein Bett, ich wache auf. Bvor es zu warm wird mache ich meine Uebungen zusammen mit einem anderen Freiwilligen, pushe mit den Liegestuetz gleichsam meine Laune am Morgen um optimal in den Tag zu starten.
Mein Zimmer ist endlich fertig, ich hatte ja lange insgesamt ueber drei Zimmer verteilt gelebt, bei dem einen geschlafen, bei anderen meine Klamotten deponiert, wieder bei einer anderen Person die Dinge des teaglichen Bedarfs verstaut. Jetzt war es dann soweit, ich konnte alles zusammenklauben und in mein frisch gefliesstes, frisch gestrichenes Zimmer einziehen. Es wurde komplett neu hergerichtet, deswegen hatte es noch eine Weile gedauert, nach einiger Ueberzeugungsarbeit hatte ich die BigMama, den Chef unserer Anlage ueberzeugen koennen mir die Farbe selbst auszusuchen zu duerfen. Die Anderen Zimmer haben ein schmutziges gelb mit einem Hang zum Ockerfarbenen und der Gedanke ein Jahr mit einer Farbe meiner nicht-wahl zu leben ging mir gegen den (an-)Strich.
Ich hatte mir selbststeandig eine Farbe organisiert in einem eher typischen afrikanischen Farbton, eine Mischung aus gruen und blau, das nicht zu kalt wirkt und auch noch unter der Neonlampe in meinem Zimmer gut wirkt. Nachts habe ich das Privileg mich in einem Doppelbett waelzen zu duerfen, die Raumaufteillung leasst mir auch noch genuegend platz mich gut zu bewegen, selbst mit dem riesigen Schrank den ich verpasst bekommen habe, dessen innere Aufteilung ich sehr kreativ getalten musste um die massig vorhandene Staufleache irgendwie zu rechtfertigen (unterhosen- Unterteilung nach Farbschema) und den ich dem Koenig gleich verzweifelt in die Ecke meines zimmers zu draengen suchte, einem aengstlichen Schachspieler nicht unaehnlich, der sein ebenso hoelzernes Herzstuck verrueckt.

Mit Kuenstlern, Kongolesen hatte ich eine Verabredeung, sie wollten mir in ihrem Atelier (ihre Wohnung mit zur Seite gerrueckten Moebeln) einige Gegensteande Veilbieten. Ich hatte zuvor schon einmal etwas kaeuflich erworben, war durchaus interessiert. Sie holten mich ab, fuehrten mich zu ihnen. Die Strecke war uebrigens in grossen Teilen meine Joggingroute, ging diese also endlich mal in Ruhe und ohen Kindermob um mich herum. Nach einigem Feilschen erstand ich schoene Masken, die ich mir an die Wand zu heangen gedenke, die aus dunklem huebschen Holz geschnitzt sind, unterschiedliche Gesichtsausdruecke auf ihrem Antlitz tragen und mir persoenlich sehr gut gefallen (eine speatere Beurteilung wird sein: irgendwie unheimlich, oder voll gruselig). Der Preis war super, ein kleines Erfolgserlebnis, denn ich habe das zu zahlende auf fast ein Achtel gedrueckt.
Man laesst sich Zeit beim Feilschen, denn wenn die Verkaufer merken, dass man es eilig hat, kann man den Preis nicht weiter runterhandeln, sie wissen dass man es irgendwann notgedrungen einfach nehmen wird, werden starrkoepfig, lassen die Uhr fuer sich arbeiten. Ich mime also den Afrikaner, schlendre mal hie, dann dort, nehme mal das eine Stueck grossen interesses mit offensichtlich gelangweilter Miene in die Hand, lege bald das andere augenscheinlich angewiedert ab, runzle die Stirn, erklaere ernst den abrgundtiefen unterschied meiner Vorstellung von dem, was ich mir erhofft und vorgestellt hatte zu dem, was mir preasentiert wird, signaliesiere mit meiner ganzen Koerpersprache Unwille.
Dann, natuerlich nicht weil ich es mag, sondern eher zufaellig, so wie man auf einmal die Kordel an seinem Kauptzenpullover im Mund hat, halte ich einen Gegenstand in der Hand, Frage beilaufig in der sich zum Gehen gewandten Drehung was er denn kosten wuerde. Man handelt, beteuert Geldknappheit, rueckt das Bild des vermoegenden Reichen Weissen mit der Waffe des Bildes vom mit-der-hand-im-Mund-lebenden Voluntaer gerade. Ich erwerbe die begehrten Objekte.
Gut gelaunt trabe ich zurueck.

Freitag, 25. September 2009

Roemisch-klassischer Markttag Teil II

Die letzte Station, der letzte Stand, der finalanmutende Gegner mit Dreizack und Netz, bevor wir wie verlorene und als verschollen gegaltene Abenteurer aus dem Markt-Unterholz brechen, wieder Licht sehen und voller Dank tief einathment aus der verschlungenen Urwaldaehnlichen Hoelle hervorstolpern, durchegschwitzt, aber gluecklich, wie die Conquistadores zwar keine Truhe voll Gold hiefen, aber aehnlich angestrengt die Grenze des Marktes und der Erschoepfung erreichen, beladen mit unserer Beute.
Und dann?
Greift eine Frau kekk in unsere Lade und stibizt unsere gueldenen Errnugenschaften. Nun ja eine goldene Bananen eben. Ich war zu kaputt um die Mattes-spielt-sich-auf-Nummer zu mimen. Ich realisierte einerseits, dass es wohl halb scherzhaft gemeint war, sie jedoch schon ganz gerne die Banane behalten mochte, andererseits, dass sie die Verkaeuferin des Mehlstandes neben mir in Armreichweite war. Also griff ich mir ebenso frech mit meiner verbleibenden freien Hand eine Schuessel voll Mehl. Sie stutzte, wollte aber nicht so recht eingestehen, dass ich klar im Vorteil wahr, zumindest jedoch eine patt-Situation eingetreten war.
Sie naeherte sich zoegernd etwas.
An diesem Punkt muss die Kulisse geschildert werden. Man kennt das eigentlich nur aus Hollywood-mittelalterfilmen und Bollywoodfilmen, in diesem Fall war es die Afrikanische Kombination eines spontan-Mobismus. Es dauert nur einige Sekunden und eine schaulustige Menge bildet einen Archimedes-stolzmachenden Kreis um die Ansammlung der zu begaffenden Objekte. Das interaktive Moment ist aber ein viel dynamischeres, denn es wird nicht ( wie es die Deutschen vielleicht machen wuerden) nur absorbiert und geschaut, nein, jeder Anwesende verspuert den Drang etwas eigenes beizusteruern, seinen ganz persoenlichen Mob-Teil- Beitrag zu leisten, man ist wirklich im Wortsinn schaulustig. Ich sehe mich also innerhalb kuerzester Zeit von einer lachenden, pfeifenen, johlenden Menge umringt, deren gute Laune noch mit dem Faktor Muzungu potenziert wird.
Die Sitation schien festgefahren. Ebenso wie die Zuschauer in dieser als marktkulisse ausstaffierten Gladiatorenarena war ich selbst gespannt, was jetzt passieren wuerde, was ich selbst sagen wuerde, wer vorspringt nud den entschiedenden Stoss ausfuehren kann.

Da war mir das Glueck hold.
In die Mitte des Kreises brach von aussen eine Frau, die das vorangegangene Spektakel wohl nicht miterlebt hatte. Sie bettelte mich an. Dies ist nichts ungewoehnliches, normalerweise gebe ich nichts, das ist hier Alltag. Nun hatte ich aber zufaelligerweise etwas Spendenwuerdiges in der einen Hand. Unter den grossen Augen meiner mich herausfordernden Amazonin und spontan aufbrandendem Beifall und Tosen der Menge, zueckte ich, der afrikanische Spartakus, die tuekkischste Waffe des Schlachtfeldes, die List.
Ich drueckte dem von Fortuna-Verkoerperten x-Faktor das Mehl in die Hand.
Der unblutige Gnadenstoss war ausgefuehrt worden, Penthesilea stuerzt vor, besiegt, dem Spott der Masse ausgeliefert, entwindet panisch der sich freuenden Beduerftigen ihre wahre aus der Hand, der imaginaere Daumen der Menge zeigt hoch, ich knie nieder und empfange ehrfuerchtig meinen Preis- meine Freiheit nach dieser Schlacht und natuerlich nicht zu vergessen- die goldene Banane!

Herzlichen Glueckwunsch Matiakus

Dienstag, 15. September 2009

Roemisch-klassischer Markttag Teil I

Moege die epische Schlacht beginnen, dazu muss sich natuerlich erst einmal gestaerkt werden. Das Fruehstueck, besser die Henkersmahlzeit faelt ueppig aus. Wir hatten tatkraeftige Unterstuetzung, neamlich eine Einheimische, die im Projekt mit einer grupppe unserer Freiwilligen arbeitet. Wie sieht ein rwandischer Markt, eine Kigalesische Arena aus, auf dem auch einheimische kaufen?
Man stelle sich eng aneinander gereihte Holzbuden vor, die natuerlich nur nach dem Winkelprinzip der Willkuer benachbart liegen. Der Boden ist eine schlammige Masse nach dem es geregnet hat, ansonsten eine Staubige.
Man bekommt praktisch alles. Nahrung jeder Art, Form und Groesse, auch in jedweder vorstellbaren Qualitaet. Dem Aldi- Gemueseregal-Qualitaet-Gewoehnten dreht sich da mal schnell er Magen um. An Grundnahrung ist alles erhaeltlich, Maniok, Suesskartoffeln, Mais, Reis, allgemiene Belustigung, die Liste ist beliebig erweiterbar. Das Obst ist eine wahre Freude, wir essen hier frische Marakujas, Fruechte deren Namen ich nicht weiss, deren Handhabung aber gekonnt sein will, hat man nicht den unbeandigen Wunsch sich komplett mit einem blutroten Fruchtnektar dauerhaft seine Kleidung umzufaerben. Bananen sind hier kleiner und suesser, sind sie gross hat man hoechstwarscheinlich eine Kochbanane in der Hand, die nicht gruen ist weil sie noch nachreifen wird, sondern weil sie einfach so bleiben wird. Man beisse zur Erfahrungsgewinnung in eine solche. Man wiederhole dies tunlichst nicht.
Es gibt zwei Preise. Den Muzungu-Preis und den einheimischen Preis, den wir nicht nur nie bezahlen werden, sonder den wir hoechstwarscheinlich sogar niemals erfahren werden. Eine Verkaeuferin steht vor einem, man fragt nach dem Preis. Beobachtet man das Gesicht seines Gegenuebers, kann man es foermlich rattern hoehren, der Groschen faellt und faellt in einen riesigen Abgrund, die Kette der Gedanken kann man sich wie folgt denken:
Vor-mir-weiss-Muzungu-Geld-mehr-muessen-verlangen!
Resultat: man bekommt einen Preis jenseits von Gut und Boese genannt. Das war der Moment wo Passi einsprang, man einigte sich auf einmal sehr schnell auf einen annehmbaren Preis, wir bezahlten, es wurde alles in einen grossen Waschzuber aus Plaste geworfen und zu zweit ueber den Mark gezerrt.
Denn solche Artikel bekommt man hier auch, die des taeglichen Bedarfs und da wir nach ziemlich langer Zeit erst realisierten, dass unsere Waschfrau nicht unsere Unterweasche (verstaendlich) und Ruestungen zu waschen gedenkt, diese jedoch knapp zu werden drohten, musste eine adhok-Loesung bezueglich Selbstbehelf gefunden werden.
Der eigentlich Anlass war ein gemeinsames Essen bei unserem einheimischen Rwanda-Tutor, denn unsere derzeitige Deutsche, die Nathalie ist im Urlaub. Aus diesem Grund wurden raue Mengen eingekauft.
Warhrend unser zukunftiges Festmahl also ohne Abdeckung fuer jeden nicht nur sichtbar, sondern auch greifbar zwischen uns Westlern in der Mitte auf einem ueberfuellten Markt baumelt, wir uns ein staunendes Herumgegucke nicht verkneifen koennen und nicht nur mit der Schwere des Zubers, sondern auch noch mit einer Fremdkontinentalen Reizueberflutung kaempfen, stellte ich mir die Frage, wieviele sich schon an unserem Essen ohne unser Bemerken bereichert haben.

Freitag, 11. September 2009

Geburtstag

Am Sonntag dem sechsten war ich genau einen Monat hier in Rwanda. Einen Monat hier, den ich nutzen konnte um viele neue Eindruecke zu gewinnen, meinen Horizont um eine ganze Hemisphaere zu verbreitern.
Mir fiel auf, dass ich nicht wirkliche eine ich-bin-uebrigens-gut-angekommen-Mail geschreiben habe, das hole ich hiermit nach.
Mir geht es gut, ich esse genug, habe nette Leute mit denen ich mich mehr als gut verstehe, ich habe Moeglichkeiten der Freizeitgestaltung und des Rueckzugs, fuehle mich wohl.
Heute ist zudem noch mein Geburtstag, ein Tag an dem ich meistens eher gemischte Gefuehle habe, es macht mir aber Freude ehute an diesem tollen Tag auch die rwandische Volljaehrigkeit zu erlangen. Heute bin ich in den Gedanken bei euch in der Heimat, schicke euch wunderschoene, gruenblaettrige, rotsandige, breitgrinsende Gruesse nach Deutschland!

Pakete sind hier uebrigens eine schwierige Sache, sie kommen meistens sehr verspaetet an, vor allem wenn sie ueber den Landweg geliefert werden (was ich auch jeden nur bitten kann zu benutzen, moege niemand die Luftpost waehlen) wenn also vom 11. September datierte viereckige Freudenbringer puenktlich zum palmigen Weihnachtsfest eintrudeln, werde ich schmunzelt das Datum uebersehen und mich ueber die genaue Kalkulierung freuen.

Mittwoch, 9. September 2009

Tag der Extreme

Der letzte Tag, wir treffen unsere Tutoren aus den jeweiligen Projekten. Alle treffen nach und nach ein, meine Kontaktperson als letzte, mit einiger Zeit verspeatung, auch nicht mein Tutor, sondern jemand von meiner zukuenftigen Arbeit. Ich verstehe mich auf anhieb super mit ihm. Gemeinsam arbeiten Voluntaere und Tutoren Benimmregeln aus und formuieren Wuensche, wie sie sich vostrellen, das folgendes Jahr verbringen zu koennen.
Wir Freiwilligen die in Kigali bleiben, gehen in unsere Zukuenftige Heinmat fuer ein Jahr, Apabena, um ihr Gepaeck abzulegen , die anderen machen sich auf, zu langen beschwerlichen, das ganze Land durchquerenden Fahrten mit Bussen. Wir werden das Privileg haben, noch an selbigem Tag in unseren Arbeitsplatz zu schnuppern.
Auf dem Weg nach Hause passieren wir erst eine asphaltierte Strasse, diese reisst unangekuendigt ab und geht ueber in eine Sandpiste, wir werden hin- und hergeworfen, sitzen hinten im Jeep auf den Beanken und halten uns an allem fest, ws Halt zu bieten scheint. Eine Strasse Level 1, je hoeher das Level, desto unpassierbarer ist die Strasse. Fuenf Leve gibt es.
Eine Bruecke erscheint. Naja, Bruecke nennt man hier ueber einen mitten in der Strasse liegenden Graben gelegte Bretter, bestensfalls Balken, auf denen der Staub die Berechtigung des Namens Strasse zu geben scheint. Der Jeep verkantet. Wir fallen seitlich in den Graben von der Bruecke hernuter, bleiben mit der Karosserie haengen und werden im Wagen nach vorne geworfen. Natalie gibt Gas, es passiert nichts ausser dass viel Staub aufgewirbelt wird und der Wagen aufjault. Die Achse scheint in Takt zu sein, man kann aber sein eigenes Wort nicht verstehen, denn sofort feangt das Gebruell an, alles stuermt herbei um zu helfen und sich schnell etwas dazuzuverdienen. Das scheint hier ueblich zu sein, gegen ein kleines Geld nach erfolgreichem Helfen gibt man sich kollektiv groesste Muehe den Unfall alsbald wieder zu beheben. Es wird gewuchtet und geschoben, geschrien und geflucht, und nach nichtmal zehn Minuten steht der Wagen wieder auf der Strasse als waere nichts passiert. Ich frage mich wie teuer das wohl in Deutschland geworden waere und wieviel Zeit man heatte aufwenden muessen um sich aus der prekaeren Lage wieder zu befreien.

Ich komme zur Arbeit, lerne alle kennen, auch den Leiter, bekomme eine ausfuehrlicheEinweisung, bin total perplex von allem. Der Plan heute abend noch etwas trinken zu gehen wird beschlossen, mit den Freiwilligen aus den anderen Projekten in Kigali. Zu Hause steht die Tasche, unausgepackt, ich habe die Aussicht am neachsten Tag zur Arbeit frueh zu muessen und kann aber auch nicht nein sagen. Wir laufen in die Stadt, warten auf andere, die erste grosse Konfrontation mit meinem persoenlichen Unwort ist da: Warten
Irgendwann trudelt man ein, ich bin Erschoepft, die Begruessung ist aber wie so oft so herzlich, dass man schnell den Unmut vergisst. Das haette ich selbst nicht von mir gedacht, ist aber moeglich. Wir sitzen zusammen, trinken, unterhalten uns, es wird dunkel und spaet. Ich bin froh und bin mir ueberhaupt nicht meht bewusst, dass ich schon den ganzen Tag auf den Beinen bin. Wir kommen in Hoechststimmung nach Hause.


Mir wird klar, dass ich mein Zimmer nicht werde beziehen koennen, es ist noch nicht fertig. Einer von uns faengt an zu erzaehlen was er gestern nacht noch auf dem Weg zu sich miterleben musste, gleich nachdem wir so schoen beisammen gewesen waren. Vom Motorrad aus sah er wie vier steammige Kerle einen Mann mit Eisenstangen halb totgepruegelt haben, warscheinlich ein Dieb.
Die Schreie muessen furchtbar gewesen seien, keiner in der Umgebung griff ein. Man fuehlt sich an deutsche Schulvortreage mit dem Thema Zivilcourage erinnert, ist gleichzeitig mit der harten Realitaet konfrontiert.

Wir Essen, die Stimmung ist eher mies. Wir entschieden uns zu dritt in einem der kleinen Zimmer zu uebernachten, machen eine mitternaechtliche hau-ruck Aktion, raeumen die Betten alle in ein Zimmer. Dies soll sich aber gelohnt haben, denn wir reden bis tief in die Nacht, verarbeite, verarbeiten, verarbeiten, bis ich kaputt-aber-gluecklich schlaefrig wegdaemmer, von dem rythmischen schlagen meiner Raumpartner nach Moskitos hypnotisiert.

Mittwoch, 26. August 2009

Zweiter Teil der Vorbereitung

Wir schauen uns Kigali an, es gibt hier eine Veranstaltung, eine Expo, auf der man einen tollen Ueberblick erhalten kann ueber typisch Rwandische Produkte. Da einige von uns Frewilligen schon zwei Tage hier sind, werden wir herumgefuehrt. Dazu muessen wir mit dem Bus fahren. Das ist immer eine lustige Angelegenheit. Der Busfahrer wollte uns promt uebers Ohr hauen und gab zu wenig Wechselgeld heraus, frei nach dem Motto: die haben es ja, das geht schon in Ordnung. Das sind die Momente in denen man nicht einfach nachgeben darf, denn an uns wird gelernt. Leasst man solches mit sich machen, dann kommen die neachsten Freiwilligen oder Touristen und es wird stillschweigend davon ausgegeangen, dass man sie auf eine bestimmte Art behandeln darf. Das ist auch das Problem in Umgekehrter Form, die Tourisen die nicht Feilschen machen uns das allteagliche Leben schwerer, wenn wir zum Beispiel unsere Nahrungsmittel auf dem Markt kaufen.

Einen Abend waren wir in einem Club tanzen, es wurde ralativ viel westlich Musik gespielt, sodas es einem nicht zu schwer viel sich anzupassen, allerdings wird hier anders getanzt. Es ist kein problem, wenn zwei Maenner miteinander tanzen, man fegt wild ueber die Tanzflaeche, lacht, schuettelt rythmisch alles was man vor oder hinter den Gelenken ausrenken kann.

Wir besuchten die nationale Gedenksteatte in Kigali. Es findet eien Aufarbeitung des Geschenen statt. Es gab verschiedene Ebenen, zum Beispiel wurde das Phenomean des Genozids im allgemeinen herausgearbeitet, der Rwandas mit anderen schrecklichen ethnischen Saeberungen verglichen. Es gab einen Raum, in welchem die Fotos von Kindern aufgehangen waren.
Es gab extreme Kontraste, es steht auf Tafeln das jeweilige Lieblingsgericht geschrieben, eine kurze charakterliche Beschreibung der Kinder, der letzte gesprochene Satz, wenn Zeugen vorhanden waren und die Art, auf welche das Kind umgebracht wurde. Informationstafeln behandeln die sachliche Ebene mit Fakten und Tatsachen, Filme zeigen unheimliche Ausschnitte aus dieser blutigen Zeit.
Die fuer mich jedoch am verstoerendsten Informationen waren kleien Texte, geschrieben von ueberlebenden Kinderopfern, infantile Beschreibungen, unschuldige Zusammenfassungen der schrecklichsten Dinge, die sich das menschliche Gehirn wohl ausdenken kann. Ein Ausschitt der mir besonders in Erinnerung geblieben ist:
(evtl ueberspringen)
Da stand er vor mir, der Sohn unseres Gaertners, mit dem ich doch immer gespielt habe. Wir hatten so viel Spass zusammen, er ist nur etwas aelter als ich, gerade gestern erst hatten wir noch zusammen gelacht und gegessen. Jetzt tut er mir weh, ich frage ihn warum er mich tot sehen will, warum es noetig ist auf mich einzuschlagen, mich zu treten, mir Holzsplitter in mein Gesicht zu treiben. Er sagt nichts und als er glaubt, dass ich tot bin, geht er weg.


Die letzte Nacht lagen wir auf Decken unter einem uns verabschiedenden Sternenhimmel, es ist trocken und warm, wir unterhalten uns und haben Spass, verarbeiten diese interessante Woche der Vorbereitung, schwelgen in Vorstellungen wie unser Jahr wohl werden wird, tragen unsere Hoffnungen, Wuensche und Gefuehle zusammen. An unseren Fuessen ist der typische afrikanisch-rote Sand und ueber uns ein alter knorriger Dornenbaum, der biblisch anmutet.

Freitag, 21. August 2009

Afrika- aus der Hauptstadt in die Hauptstadt

Afrika. Ich bin tatsaechlich hier. Ich habe einen mehrstuendigen Flug hinter mir, steige aus und es ist warm und dunkel. Voegel zwitschern, Turbinen kreischen, Menschen schreien, Insekten zirpen. Ich werde von hinten angerempelt, nicht boeswillig, aber selbst Afrikaner warden ungeduldig, wenn die erste Person die das Flugzeug verlaesst, genau am Fusse der Ganway stehenbleibt, mit weit aufgerissenem Mund nur schaut und den langersehnten Schritt auf die wohlvertraute rotsandige Erde verhindert.
Ein Phaenomen, dass man als ganz natuerlich beschreiben wuerde, dass jeder von euch warscheinlich nicht erwaenenswert findet, aber einen dennoch erstmal umhaut, ist, dasss alle hier tatseachlich dunkel sind. Man selbst ist weiss, ein Muzungu. Das lassen einen alle auch nicht vergessen, denn man wird ueberall angestarrt, man ist schliesslich eine Attraktion, man zieht die Blicke auf sich und meistens auch die verbale Aufmerksamkeit, denn es kommt nicht selten vor, dass eine Horde Kinder sich dazu entschliesst, einen spontan-Mob zu bilden und einem mehrere hundert Meter hinterher zu laufen um lauthals eben genannte Beschreibung zu quitschen- besonders lustig wenn man durch doerfliche Gegenden joggt und dabei noch den Fussball der Kinder auf der Strasse vor sich herkickt.

Wir haben erstmal einige Tage der Vorbereitung, bei der uns ersteinmal die Moeglichkeit der Aklimatisierung gegeben wird. Wir essen einheimisches Essen auf Rwandische Art- vom Buffet, von dem man sich nur einaml nehmen darf. Dies macht die Ruander zu kulinarischen Hobby-logistikern, deren Stapelkuenste so leicht nicht nachzuahmen sind. Da mischt man alles und bildet eine leckere, nahrhafte Melange.
Die erste Nacht ist ungewohnt, man kann sich das Moskitonetz mit viel Phantasie zu einem Himmelbett umdichten, das Sirren der Moskitos am Ohr aber nicht mehr zum heimatlichen Fluestern am Ohr. Ich wache auf. Mir ist nicht warm. Ich wunder mich. Ich bin in Kigali, meinem zukuenftigen Heimatort fuer das kommende Jahr, auf tausendfuenfhundert Metern, wo die Luft duenner ist, (nicht an Abgasen) und alles aus Huegeln zu bestehen scheint. Die Temperatur wird abends kuehl, nachts kalt, dass heisst, dass man in den Sachen, in denen man morgens loslaeuft und friert, mittags schwitzt, unter Umsteanden abends wieder friert. Man gewoehnt sich daran aber relative schnell, ich laufe immer mit einem Halstuch herum, dass ich mir zur not in die Tasche stopfe.
Ich liege im Bett, das Gesicht gen Decke. Da sollte sie zumindest sein. Stattdessen maschiger Stoff, der mich gesund heallt. Ich bin dankbar.
Ich stehe auf und beginne mit dem Ritual, dass zum allmorgentlichen werden soll- ich setze mich auf meine Stufen zum Zimmer, geniesse die ersten Sonnenstrahlen und fange mit meinem Unterarmtraining an, dass versuche ich mir jedenfalls so in etwa schoenzureden, andere wuerden vielleicht fieserweise behaupten ich muehe mich beim Wasserfiltern ab. Das Wasser kann man hier nicht aus der Leitung trinken, schleppen moechte ich die fluessige Lebenserhaltung auch nicht, also goenne ich mir teagliche Routine und Stabiliteat beim Pumpen.

Dienstag, 28. Juli 2009

some facts

Für alle die vorhaben mir eventuell auch eine Sachricht zu schicken die direkt greifbar ist, manchmal ist es ja eine ganz feine Sache einmal mit dem Finger die Füllerschrift langfahren zu können, hier ist meine Anschrift in Kigali, Ruanda:

Post

Matthias Lücke
c/o DED-Weltwärts
B.P. 186
Kigali
Ruanda


Ich fliege am 06.08.09, einem Donnerstag. Ich muss am Flughafen Tegel bis 05:45 eingecheckt haben.
Meine Zeit ist jetzt zugegebenermaßen echt knapp, ich möchte alle noch mindestens einmal sehen, um mich gebührend verabschieden zu können. Da mir ziemlich viel um die Ohren flattert, kann es sein, dass ich die eine oder andere Sache vergesse, weißt mich auf alles hin, ich bin euch dankbar!

Euer Mattes

Vorbereitungsseminar

Hallo ihr lieben, die Vorbereitung für das Vorbereitungsseminar läuft auf Hochtouren. Morgen ist es soweit, dann steige ich in die Bahn, oder hoffentlich in ein Auto mit anderen Freiwilligen falls wir uns noch organisiert bekommen sollten, um runter nach Lützensommern zu fahren, ein Rittergut, der zwar abgelegen aber wunderschön sein soll.

Tag 1
Ich bin da, tatsächlich ist es hier angenehm, das Gelände ist wirklich mittelalterlich, jede landesspezifische Vorbereitungsgruppe hat ihren eigenen Raum, morgens um acht scheint es frühstück zu geben, um neun starten wir meistens alle Freiwilligen gemeinsam. Miene Truppe ist absolut klasse, wir sind nicht so viele, aber Charakterstarke junge Leute, mit denen ich schon wirklich gut zurechtkomme.

Die Anfahrt war Ereignislos, das klingt jetzt langweilig uninteressant, aber warum immer alles ironisieren, soll doch einmal an dieser Stelle angeführt werden was gut war: ich hatte keine nervigen Mitfahrgäste bei mir in keinem Abteil, weder in ihr Telefon hysterisch schreiende uv-geröstete Greise die glauben, die Entfernung zwischen sich und ihrem Gesprächspartner mit purer Lautstärke überbrücken zu müssen, noch sich und alle in ihrer Umgebung besinnungslos kreischende Säuglinge. Das einzige negativ highlight war die Bahnmitarbeiterin am Ticketschalter, die mich fragte ob ich denn (weil ich meine Bahncard 25 vergessen hatte) diese später vorzeigen möchte, jetzt also mit Ermäßigung fahren möchte. In ihr (um nicht dümmlich zu sagen) der mentalen Bescheidenheit schmeichelndes Gesicht forderte ich einer Eingebung (und einstmals negativen Erfahrungsbelehrung) folgend, was es denn kosten würde im Nachhinein. Es stellte sich heraus, dass jenes Nachzeigen 15 Euro kostet, die Ermäßigung mit der Karte hätte es mir ermöglicht zehn Euro zu sparen. Auf meine Frage hin, wann sie gedenken würde mir diese Milchmädchenrechnung zu offenbaren wurde sie wie erwartet pampig und gab mir zu verstehen dass ich sie als Kunde nicht nur bei ihrem wohlverdienten morgentlichen Dösen unterbräche, sondern vielmehr auch sich ihrer Kenntnis entziehenden Informationen wünschte.

Wie dem auch sei, jetzt bin ich hier, an einem Ort voller junger motivierter Zivis. Ich habe noch nie eine so hohe Dichte an Haar pro Kopfhautfläche an einem Ort gesehen. Auf dem Boden lag eine Tatz, die Leittitelüberschrift in etwa: Bundeswehr und Gelöbnis…ich lachte, es waren Soldaten des Wachbataillon abgebildet, ich war zugegebenermaßen etwas Schadenfroh. Da sah ich mein eigenes Gesicht. Eine echte Schocksituation. Aufnahmen aus dem letzten Jahr…

Die Folgenden Tage
Waren geprägt von Kommunikationstraining. Ich hatte mich im Eifer des kommunikativen Gefechts angesteckt an denjenigen Seminarteilnehmern, die mit einem sowieso schon angeschlagenen Immunsystem die fünfer Kombinationsimpfung sich haben verabreichen lassen um alles hinter sich zu bringen in möglichst kurzer Zeit, deren Immunsystem aber kurzerhand beim Seminar, ein Tag nach der Spritzung, zusammenbrach. Ich ging also mit Paracetamol geschluckt früh ins bett und die Mittagspause horchte ich noch zusätzlich an der Matratze um Energie zu tanken.

Die konkreten Tipps, die mich am meisten fesselten, waren diejenigen über Kommunikation. Dass die typische deutsche Form der Informationsübertragung nicht greift im Ausland, dass die rohe Substanz an purer Information zu rar ist, emotional verpackt werden muss, dass sozusagen es die Aufgabe des freiwilligen ist, die „Blackbox“ herauszufinden, in die das zu Sagende reingeworfen werden muss, darin durch ein undefinierbares Geknäul von Mentalität, Konstituierung, Erfahrung und Sozialisierung gewirbelt wird, um schließlich als diejenige Aussage ausgeworfen zu werden, die einem am Ende passt.

Der Geist soll offen sein, wie ein Fallschirm, je offener, desto sicherer landet man. Ich hatte eigentlich vermutet direkt auf meine Einsatzstelle vorbereitet zu werden, jedoch werden wir als Einzelcharaktere in unseren individuellen Kompetenzen geschult, was auch sinnvoll erscheint, denn UNS nehmen wir überall mit hin und auf die Stelle kann man sich niemals so gut vorbereiten, wie sich selbst dazu zu bringen sich sicher zu fühlen.

Die Nächste Ernüchterung war die Aussage, dass wir keine echten Freundschaften werden schließen können, dass der erste Kontakt immer schnell hergestellt werden kann, jedoch alles darüber hinaus meistens nicht möglich ist.

Unsere Pausengestaltung ist ansonsten insofern interessant, als dass ein Teilnehmer eine „Slackline“ gespannt hat und wir alle zusammen „slacken“ was eigentlich nichts anderes bedeutet, als über ein flaschenzuggespanntes Band zwischen zwei Bäumen zu balancieren. Aber diese Beschreibung ist wohl mit einer zu uncoolen Konnotation behaftet, als das man diesen Sport einfach „Balancieren“ nennen könnte, außerdem bedarf es heutzutage ja der allseits um sich greifenden Anglizismen um etwas als Interessant verkaufen zu können. So bin ich hier also temporär zum „gelegenheitsslacker“ geworden.

Nachbetrachtung:
Eine wunderbare Zeit, die ich mit wirklich tollen Leuten verbringen durfte. Man stelle sich eine art „mini-Woodstock“ vor, wobei sozial engagierte, allseits interessierte und im Thema Kommunikation äußerst fitte außnahme-Personen zusammen ein Woche verbringen. In den Pausen wird barfuß mit Gitarren in der Hand über diejenigen Inhalte von diskutiert, bei denen routinemäßig die Leute die Augen verdrehen und entweder Sachen sagen wie: „ das ist mir jetzt aber doch zu abstrakt“ oder „ jaaaa, ich weiß die Welt ist schlecht“ und nicht zu vergessen „du bist viel zu emotional und machst dir viel zu sehr einen Kopf“.
Folgendes widme ich dieser Zeit:

Wie kommts, dass mitten im Nichts
Man Jugend findet so pur
In Lützensömmern was ein Witz
Sie sich bekennt zum guten Schwur

Dort wo Ambitionen walten
Sich klare Kehlen korrekt verhalten
Kristallene Augen einander ansehn
Und im tiefen Einklang verstehn

Zum Klang der gitarre
In eifrig Wortgefecht
Ich genießend ausharre
Sind unsere Ideale gerecht

Vor Glück platzend prall
Ist unsere Stimmung
Ich in Hoffnung hell erhall
Über Erfahrungsgewinnung

Herrlich gemeinsam Zeit
Ist selten und rar
Sie uns gegen alles feit
Ich sie für immer im Herzen bewahr!

Ich bin sehr dankbar, ich habe viel gelernt undsehe gut vorbereitet und voller Vorfreude dem Jahr in Ruanda entgegen!

Dienstag, 7. Juli 2009

Italien Deutschland Afrika

Es ist soweit, der letzte Italienumfassende Blog der euch hiermit zur Verfügung steht.
Ich bin in Berlin. Seit Sonntag bin ich hier. Ihr fragt euch warum das alles so schnell ging? Ich mich auch. Vor einigen Tagen hat mir der Deutsche Entwicklungs Dienst geschrieben. Meine Stelle Wurde Bewilligt. Ich hatte mich aufgrund mehrfacher Ablehnung meiner Reisezielwünsche dafür entschlossen diejenigen Orte auf meine Präferenzliste zu setzen, die warscheinlich keiner machen will. Prompt bekam ich eine Zusage.

Am dritten August geht mein Flieger nach RUANDA. Ich werde mit Jugendlichen zusammenarbeiten und bei der Arbeitsbeschaffung, sowie bei der Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Jungen Menschen helfen. Dieses Arbeitsnetzwerk will ausgebaut und effizient gemacht werden. Weiterhin werde ich Weiterbildungsmaßnahmen organisieren.

Da es schon so bald losgeht musste ich überhastet abreisen. Ende Juni wurde mir gesagt ich hätte für die bürokratischen Formalien noch Zeit bis einen Monat vor der Abreise, also noch drei Tage. Ich buchte also den Flug, überstürzte mich in organisatorischen Problemen und eilte Heimwerts. Das Problem war, dass ich nicht alle Unterlagen die benötigt wurden, in Italien zur Hand hatte, Gudrun jedoch nicht in Berlin war, um mir auszuhelfen.

Jetzt konnte ich einigermaßen alles regeln. Heute war ich in einem Tropeninstitut, um meine Tropentauglichkeit testen zu lassen. Ich muss jetzt noch Impfungen bekommen, alleine heute habe ich drei in den linken Arm bekommen, Tollwut (erste von drei Spritzen) Gelbfieber (wundern sie sich nicht wenn sie bis zu Handtellergroße Rötungsstellen bekommen, ihr Körper wird jetzt arbeiten müssen: o-Ton Arzt) schließlich noch Meningitis (volle Bezeichnung soll hier aus Ermangelung der Fähigkeit des Autors den gesamten Namen auch nur auszusprechen, geschweige denn zu schreiben, weggelassen werden). Ich fühle mich jetzt etwas schlapp. Ich bin sozusagen heute komplett infiziert worden. Aber lieber hier kontrolliert als dann in Afrika in irgendeiner Hauruckaktion. Als ich die ganzen Informationen und Hintergründe erfuhr, alles penibel überprüft und abgesegnet wurde, war ich doch froh nicht in irgendeinem italienischen Wartezimmer zu sitzen und nur die halbe nötige Behandlung zu bekommen, nur aus dem Grund weil ich die hälfte verstehe und die Italiener es nicht so genau halten mit den Gesundheitsvorschriften.

Die nächsten zwei Wochen stehen im Zeichen des Krafttankens und des Freundesehens, wiederholten lesens und beantwortens der letzten Mails und des Abklapperns derjenigen Verwandschaft, die Lust hat noch einen letzten Blick auf dasjenige verrückte Familienmitglied zu werfen, dass sich vorgenommen hat für ein Jahr ( in nicht mal mehr einem Monat) nach Afrika zu gehen.
An all diejenigen die jetzt das Stichwort „Ruanda“ kurz bei „Google“ eingegeben haben und als erstes die Wörter „Völkermord“ oder „Genozid“ gelesen haben, alsbald eifrig im Kopf angefangen haben eine Mail zu verfassen wie man mich denn wohl am Besten davon überzeugen könnte dieses Himmelfahrtskommando zu unterlassen, möchte ich gerne die folgenden Worte richten; Ich werde gehen. Alles was mich aufhalten kann ist eine negative Einschätzung meiner Tropentauglichkeit, oder aber meine vollkommene Inkompetenz bezüglich bürokratischer Verfahren, mit der Folge nicht ausreisen zu können weil ich irgendwelche Fristen nicht eingehalten habe.

Ich weiß aber dass ihr mir das gönnt. Es gibt nichts wichtigeres als seinen eigenen Weg zu gehen. Um einem Pärchen zu gedenken, welches ich noch im Hotel kennengelernt habe: ich werde natürlich nicht das LETZTE RISIKO eingehen. Ich werde auch nicht im harten Sinne Entwicklungshilfe betreiben müssen, ich werde in keine Gefechte gezogen außer denjenigen des alltäglichen Überlebenskampfes junger Menschen ohne Perspektive und Ausbildung. Es ist genau diejenige Art von Arbeit die ich anbieten kann. Ohne Geld zu spenden ist es dennoch das HUMAN-Kapital, das an diesen Stellen sogar noch wertvoller wiegt als jeder Euro in der Hand. Da wo ein Schulheft voller Informationen und Wissen effektiver ist als ein Sturmgewehr, da möchte ich hin, da werde ich hin gehen, da muss ich sein.

Dienstag, 30. Juni 2009

DIe Wahrheit liegt dazwischen

Und der Traum geht so:

Ich laufe meinen typisch italienischen Arbeitsweg, eine unwirkliche Landschaft mit mir feindlich gesinnten Disteln; Gras umfasst, umstreicht meine Beine; ebenso wie die Katzen, die mich belauernd mustern und mich mit engen Sehschlitzen und voller Misstrauen beäugen. Meine Umwelt ist feindlich, aggressiv. Der ganzen Szenerie wird fürderhin noch ein apokalyptischer Touch durch qualmende und brennende Rasenflächen verleiht, die alles in einen unwirklichen gräulich-blauen Schleier hüllen. Der Himmel blutet und ergießt sich in einem brutalen orange-rot, dass noch von krassem rosa durchtränkt wird. Die Luft ist heiß, schon in der früh, sie ist feucht und schwer, wie ein dicker Mantel umschließt sie die Schultern und schnürt einem die Kehle zu. Man spürt den Kloß im Hals, kann ihn nicht runterschlucken, man fängt an zu laufen und stolpert über die eigenen Vorstellungen und Hoffnungen, stürzt und bleibt vom Selbstzweifel erbarmungslos niedergedrückt auf dem Boden liegen, zieht den ganzen Körper unfreiwillig wie sein Gesicht nach einem Biss in eine Zitrone zusammen. Wie in eine biblische Situation gestellt sehe ich mich in die Hauptrolle des bestraften Märtyrers gepresst, der sich mit vor Angst und Schreck geweiteten Augen erst verblüfft, dann die Bestrafung erkennend, die Umwelt annehmend sich selbst mustert. Über sein Gesicht geschrieben steht der Ausdruck: Warum? Auf den Rücken gedreht verschwimmt die Sicht langsam in einem Farbgemisch, überwältigende Gefühlswelten reißen einen rückwärts in einen nicht enden wollenden Abgrund, man fällt mit dem Kopf zuerst in einen dunklen schwülen Tunnel und wartet auf den Aufprall der Desillusionierung.

Mit dem Aufprall reißt der Traum ab, es folgt der diametral gegenübergestellte, wie der zweite Gegenpol, beide als Symbol für die Einheit, ausgedrückt in Diversität:

Ich liege auf einem Felsen, Stille um mich herum, mein Titanenschicksal jedoch das des Glücklichen, an die sandfarbene, von der Sonne gewärmte, Steinformation bin ich nur durch mein Lächeln, das Geräusch der Brandung gekettet, freiwillig Einsam, und die Flugtiere hacken nicht meine Leber sondern rufen ihren klaren, glockenhellen Ruf der Freiheit. Das Gesicht ist partiell von Blätterschatten umspielt, das Rauschen tausender lachender Naturformen erklingt, umspielt die Sinne, man fühlt sein Kinn gütig vom Lauwarmen Wind gestreichelt. Man richtet sich auf. In einem göttlichen Gleißen leuchtet die Landschaft auf, im Mund formt sich das Wort „ ja“ man kommt nicht umhin das Leben zu bejahen, ganz und gar im Moment zu sein, tief einzuatmen und zu bemerken wie sich ganz von selbst ein Lächeln auf die Lippen gesetzt hat. Auf brauner Haut schimmert und glitzert Salz auf blonden Härchen, Entspannung liegt knisternd in der Luft, sie ist so vollkommen, dass man Herzklopfen bekommt, aufregendes Wohlgefühl, die Atmosphäre ist förmlich fühlbar, greifbar, einverleibbar, man möchte den ganzen Augeblick in einer großen Umarmung umschließen und wie einen güldenen Kelch an die Lippen führen um das pure Glück mit vor Wonne geschlossenen Augen zu schlürfen, um den wohlschmeckendsten Nektar des Lebens mit sich zu vereinen. Die Arme in der Luft jubelt man der Existenz zu und verschmilzt mit der Zeit selbst, wird ganz und gar teil des Ganzen, löst sich wie Salz in im Ozean des Lebens auf.

Mittwoch, 24. Juni 2009

allerlei

Als Animateur hat man einen vierundzwanzigstunden Job. Wenn wie letztens eine Touristin umkippt, nach der Arbeitszeit, gerade wenn man aus dem Hotel laufen will, man hat ja schließlich frei, da heißt es- fahren sie bitte mit ins Krankenhaus. Sie sah bleich aus, ihr ging es nicht gut. Das komische an der Sache ist, dass gerade in solchen Situationen die Leute nicht rational denken. Nur weil man ein T-shirt in einer einheitlichen Farbe trägt, ist man augenscheinlich kompetent in allen Bereichen des Lebens. Es wurde also eine Diagnose erwartet. Das wichtigste in solchen Situationen ist genau dieses Klischee zu bedienen, zu versuchen die richtigen Fragen zu stellen, sodass es rüberkommt als hätte man Ahnung. Kompetentes Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit. Menschen in extremen Situationen werden auch unerwartet gesprächig und anhänglich. Als wir dann im Taxi saßen, stellte ich zur Ablenkung, Beschäftigung und Zeitüberbrückung allerlei fragen, die mir auch gerne und ausführlich beantwortet wurden. Eine Halbe Lebensgeschichte kann schon mal innerhalb einer viertelstündigen Autofahrt abgerissen werden.
Andererseits ist man selbst auch sehr nervös, ich hatte im Hotel noch etwas getrunken und im Krankenhaus stehend merkte ich, dass ich den Plastikbecher, nun völlig zerdrückt und zerwrungen, immer noch in der Hand hielt. Wir kamen gerade von der Bühne, ich hatte noch mein Kostüm von Grease an, eine Lederjacke und eine völlig übertrieben gestylte Tolle von „Danny“. Kathi wurde in ein Lederoutfit gepresst, in dem sie sich unglaublich unwohl fühlt, was sie im Eifer des Gefechts aber nicht mehr ablegen konnte. So standen wir dann zwischen Ärzten in grün. Als ich dann eingeklemmt unter zwanzig Personen in der Notaufnahme saß, überfiel mich plötzlich die Müdigkeit und die Erschöpfung. Es stellte sich zum Glück heraus, dass die Menschenmassen komplett das italienische Klischee bedienen und davon nur drei verletzt waren, die anderen waren besorgte Familie, die jeweils mit mindestens zwei familiy-vans rangekarrt worden waren. Ich schnappte frische Luft um mir das Privileg zuteil werden zu lassen einen Blick in einen Landestypischen Krankenwagen werfen zu können. Innen versuchte gerade ein Rettungssanitäter verzweifelt irgendeinen Lebensrettenden Gegenstand hinter einer Ablage hervorzuziehen. Mir wurde schlecht.

Genauso wie bei meiner vorletzten Fahrradtour. Wir waren nur drei Personen, alles lief bis zur letzten Geraden super, da hörte ich es hinter mir auf einmal krachen. Das worse-case szenario war eingetreten, der Gast war gestürzt. Er hatte eine Platzwunde am Kopf, aber glücklicherweise einen Helm getragen, der war genau an der Schläfenstelle zerdrückt. Er wusste nicht einmal mehr, dass er gestürzt war. Ich hatte nichts dabei, kein Handy, kein Verbandszeug, rein gar nichts. Er hatte Abschürfungen und zitterte, bestand aber darauf, dass es ihm gut ginge. Ich fuhr vor und lies den Doktor kommen. Ich lief in die Rezeption, voller Blut (seins) und versuchte mit gebrochenem Italienisch und völlig aufgebracht zu erklären was ich will. Ich wollte eigentlich nur noch weg, aber das sagte ich DENEN natürlich nicht.

Bei meiner letzten Tour eine tolle Situation für einen Guide: wir fahren auf der Straße, ich sage noch „ gucken sie mal links, da sind Schafe“ und oute mich als das größte von ihnen, denn auf einmal schießen drei Hunde aus dem Tor genau auf meine Gäste zu. Simultan kommen frontal Autos mit italienischem Tempo und Fahrstil auf uns zu. In meinem Kopf spielen sich alle Möglichkeiten von GAUs ab.
Erstens: Überfahrene Touristen und ein mich anschreiender Italiener während mir ein Hund an der Gurgel hängt.
Zweitens: Gebissene Gäste, danach überfahren, ich verzweifelt mir as Leben nehmend im Anschluss.
Die einzige Möglichkeit war die tatsächlich eingetretene: die Hunde wurden kurz bevor sie die Opfer ansprangen, angefahren. Ich hörte einen dumpfen Schlag und jaulen, doch der Hnud rannte gleich wieder davon, es war anscheinend nichts passiert.

Mein Bein heilt gerade wieder. Es hatte sich entzündet, besser gesagt die Wunde, mir hatte der Doktor Cortisol direkt hineingesprizt, musste jetzt Antibiotika nehmen, durfte nicht ins Meer- oder Poolwasser, wurde auch erstmal von den Strandaktivitäten verbannt. Jetzt bin ich so gut wie wieder topfit.

Dienstag, 9. Juni 2009

Monsterblog

Hallo ihr lieben. Anschnallen, Poppkorn im Anschlag und entspannen, denn jetzt kommt der geballte Monsterblog für euch! Nein, es geht nicht um Volleyball, auch wenn ich natürlich erwähnt gewusst haben will, dass unsere Arbeit halb unter Palmen am Strand, mit der Bar, samt uns wohlgesonnenem Personal nicht unfern, natürlich einige Vorzüge bietet, wie eben auch das Spielen im Sand von Volleyball.

Das liebe Internet. Manchmal komme ich mir hier in Italien wie in einem Dritte-Welt-Land vor, das macht aber nichts, immerhin habe ich eine gute Vorbereitung mit der Wahl nach Italien zu gehen, getroffen. Es tat mir richtig weh euch nicht erreichen zu können, das könnt ihr mir glauben!

Mittlerweile bin ich ziemlich vollständig für die Fahrradtouren zuständig, ich merke aber auch wie immer mehr meine Kondition beim Radeln steigt. Nach wie vor aber immer noch ein Phänomen: die wahre Powergeneration sind nicht diejenigen meines alters, sondern die pensionierten Powerrentner. Wenn ich am Anfang der Touren noch in mich hineingrinsend denke, dass ich Kraft meiner Jugend und mit genügend Adrenalin-Testosteron-Gemisch davonziehen werde, schon erwähnte Generation staunend meinen Rücken betrachten lassen werde, dann enttäusche ich mich stets aufs neue. Denn schon an der ersten Steigung schießen auf einmal an mir mörderisch durchtrainierte vom Leben gezeichnete und unglaubliche ausdauernde Waden an mir vorbei und lassen mich „Jungspund“ alt aussehen. Älter als sie. Wenn man sich den Berg raufquält, frage man sich stets aufs Neue warum ich mir das antue, aber wenn ich dann die Abfahrt runterschieße fällt es mir wieder ein. Ich rase durch die unterschiedlichen Luftbereiche, mal drückend-schwül, mal frisch und windig, dann blumig-lieblich, das ganze im schnellen Wechsel, sodass ich mir wie ein bereifter Jean-Baptiste auf Speed vorkomme.

Italienisch verstehe ich mittlerweile besser. Da Stephen und ich bald schon zwei Monate hier sind, lernt man einiges. Am Anfang war es sinnfreies Geblubber, aber mittlerweile lassen sich einzelne Worte in den willkürlich aufsteigenden Gesprächs-Seifenblasen erkennen, die Farben ergeben Sinn und ganz vorsichtig nimmt man selbst den Puster in die Hand um in einem Versuch von Verbal-Ästhetik seinem gegenüber nur das Seifenwasser in die Augen zu spucken. Aber hey, man muss sprechen und nicht Angst haben ausgelacht zu werden, ansonsten lernt man nichts. Der Preis für die ersten Sätze Italienisch waren minutenlanges Gelächter mit Tränen in den Augen meines italienischen Gegenübers.

Im Team hatten wir Stress. Um ehrlich zu sein glaube ich, dass es mitunter an der harten täglichen Konfrontation der Mentalitäten liegt. Wenn die Italiener laut werden und mit ihrem gesamten extrovertierten Habitus loslegen, fühlen wir uns oft angegriffen und niedergemacht. Dieses Völkchen hat, so wie mir scheint, auch das dramatiche aus-der-Tür-gehen-wenn-alle-hinterherschreien erfunden. Das ist jetzt schon einige male passiert und man fragt sich echt ob man diesen spätpubertären Echtzeitdramatikern nicht mal einen Kurs zum Thema Verhaltensregeln bei Kommunikation im Team geben sollte.

Wir haben im Moment einen etwas harten Stand. Unser Vorgesetzter hat zu viel zu tun um sich um uns zu kümmern, er muss nämlich gaaanz aufwendige in einem anderen Hotel Candel light dinner vorbereiten, während unser Hoteldirektor Ammok läuft und uns droht bei jedem einzelnen Fehler aus dem Hotel zu schmeißen, der Psychodruck ist zeitweise etwas hoch. Einmal in der Woche wird anhand von Fragebögen, die unsere Hotelgäste ausfüllen, ein Ranking erstellt, also eine Bewertung der einzelnen Bereiche in diesem Ferienort kreiert. Eine Rubrik ist dabei „Animation“. Das Problem ist, dass der Direktor selbst die Auswertung der Zettel vornimmt und wir seit über zwei Wochen nun offiziell nicht gut genug sind, obwohl uns Gäste ganz gezielt ansprechen, dass sie sehr zufrieden sind und gerade auch das Konzept unseres Teams überaus schätzen. Die Person die uns pressiert nimmt also die „objektive“ Bewertung von uns vor und das bei einer Situation wo er uns nicht schätzt. Wir werden als das notwendige Hotelübel angesehen. Nach dem Motto: Animation hat man, spricht aber nicht drüber, als wären wir etwas unanständiges, das man Bewusst verdrängt, weil unheilbar.

Super interessant anzuschauen: ein Hierarchiexperiment. Wie sieht das aus? Ganz einfach. Man nehme eine liebe, leider aber in Sachen Menschenführung unerfahrene Junge Frau aus der Mitte eines Teams, mache sie zum Teamleiter in einem Land fremder Sprache und eines Teams internationaler Herkünfte (auch Macho-Italiener), Bemerke positiv, dass sie bereit ist einhundertzehn Prozent zu arbeiten und gebe ihr dennoch im Laufe von drei Wochen zu wenig Entscheidungsgewalt und entziehe ihr beinah täglich Kompetenzen, sodass sie nach gar nicht allzu langer Zeit gereizt, fahrig, übermüdet, überfordert, ungeduldig und wankelmütig wird. Man beobachte eine Weile. Man siehe den Tag vorher, an dem sie explodieren wird, indem man die relative Anzahl der Flüche im Arbeitsalltag mit der Absoluten Wachstumsrate der Augenringe in Zentimeterumfang multipliziere und gehe rechtzeitig in Deckung.

Wir sind eben doch alle sehr jung und unerfahren und wenn man den ganzen Tag zusammen verbringt, benah 24 Stunden, gerät man auch mit den Köpfen aneinander. Wann fängt das Privatleben an? Ab welchen Momenten hat man nur ein professionell Arbeitsverhältnis? Macht man das an der Tageszeit, an der Laune fest? Da ist man sich nicht immer so einig und wenn man dann scherzend auf einmal seinen einst Teamkollegen, jetzt vorgesetzten vor sich zu stehen hat, der sich in seiner Autorität angegriffen fühlt, hat man ein Problem.

Das haben wir uns jetzt eine Weile angeguckt. Kathi hat volle Power gegeben, sich ohne Ende reingekniet und nichts zurückbekommen. Eine Erfahrung die Stephen und ich im Rahmen unseres äußerst sinnfreien Bundeswehrjahres gemacht haben, war, dass man unter Umständen „ökonomisch“ arbeiten muss. Sie versuchte unseren Vorgesetzten zu erreichen, wir baten um Beistand. Nichts. Vodafonemailboxbandfrauenstimmen waren das Einzige was wir zu hören bekamen. Kathi machte weiter. Dann das unvermeidliche, sie brach. Und interessanterweise musste sie die Erfahrung selber erst machen. Ich hatte ihr vorher natürlich vorsichtig versucht dieses Denken näher zu bringen ohne als Arbeitsverweigerer dazustehen. Ich fühlte mich an Hesse erinnert, „ denn wahrlich, Erfahrungen müssen tief selbst erfahren werden, die Erfahrungen der Anderen sind subjektiv nichts Wert“ (so in etwa).

Wir entschieden uns für den Umschwung auf gemäßigteres Arbeiten, die Kämpfer auf verlorenem Posten. Tatsächlich kann man es so nennen, denn von allen Hotels die als Kette zusammenhängen sind wir sozusagen das vernachlässigte und ausgestoßene Kind der vergessene Außenposten hinter feindlichen Linien. An diesem Abend ist spontan im Rausche des emotionalen Festes folgender Text entstanden:

Gefühl der Auflehnung
Euphorie des Verbotenen
Vorgeschmack der Sünde
Wir beißen in den Apfel Garten Edens und spucken den Bissen der Schlange ins Gesicht, reißen Lachend die goldenen Pforten ein und werfen unsere Jungfräulichkeit vor Begierde zitternd über Bord.

Das Beste war der Italiener, der möchtegernkompetente Vorgesetzte, der natürlich irgendwann mit drei Wochen Verspätung eintrudelte. Da wir uns aber entschlossen hatten als Team alles zu wuppen (grüße an Guddi), hatten wir ihn nach wochenlangem flehen auf einmal überrascht, denn wir behaupteten stur es gäbe keine Probleme. Da offenbarte er auch einem von uns ernsthaft, dass er sich nicht hergetraut hätte, der laute fesche Italiener der, er hätte Angst gehabt wir würden alle einfach gehen wollen. Kompetent wie er ist entschied er sich für einen Verantwortlichen natürlich vorbildlich: abrakadabra- wegbinich. Danke noch mal an der Stelle.

Ich habe echt gute Laune, die Sonne scheint, die Gäste sind nett, man bekommt von einigen Seiten her für die harte Arbeit auch aufrichtige Anerkennung, ich mag unsere neuen Teammitglieder sehr gerne, mit Samo lache und scherze ich viel, auch bei hoher Belastung sagt er mir am Tag danach er hasse meine freien Tage. Da ich ihn bei seiner ersten Mountainbiketour fast verloren hätte nennen wir ihn liebevoll „Sumo“ oder optional auch „Slomo“, kurz für „Slowmotion“, Zeitlupe also. Jetzt haben wir ja auch zwei neue Mädels, die auch was Sprachen angeht fit sind. Da wir im Team überwiegend nicht-deutsch sind profitieren wir sprachlich natürlich mehr als wir das im Garden Resort getan hätten, wo wir „little Germany“ mitten in Kalabrien hatten.

Wir hatten unsere Premiere für Queen! Was für ein Gefühl. Die ganze Disko, unser Austragungsort, war rappelvoll, die Zuschauer standen teilweise. Auch hinter den Scheiben, drängten sie sich in den Raum und waren voller Energie. Dieses Gefühl, wenn die Zuschauerschaft mitsingt, sich mitwiegt und voller Energie ist, ist unbeschreiblich. Ich habe mich komplett durchgeschwitzt, Adrenalin, Aufregung und das einmalige Gefühl eines neuen Lebensabschnittes stiegen geballt in mir auf und wurden als Lachen und Performance freigelassen! Schminke, Kostüme, der gemeinsame Schlachtruf unmittelbar vorm Betreten der Bühne, das sind alles Dinge, die man erleben muss, weil sie pure Lebenserfahrung sind.
Dafür bin ich hergekommen.

Mittlerweile habe ich schon die eine oder andere Show mitgemacht und es ist unglaublich wie man an sich selbst die Unterschiede bezüglich Aufregung feststellen kann. Man geht mit jedem Auftritt mit etwas mehr Routine auf die Bühne, wird etwas mehr abgebrüht. Das ist aber nichts schlechtes, man traut sich auch automatisch immer mehr. Man Überreibt Bühnentypisch Gestik und Mimik, improvisiert in den passenden Momenten und lässt sich weniger anmerken, wenn man Fehler macht. Improvisation ist zudem eine Quelle für spätere Auftritte, wenn man spontan etwas macht, was einem gefällt, baut man es danach ganz bewusst ein, sogar so, als würde man gerade improvisiert haben.

Ich lerne Unordnung im Chaotischen Italien. Aber den Höhepunkt bildete vorerst eine Begegnung kreatürlicher Art. Während ich mit der Nase auf dem Boden meine Übungen mache, sticht mir ein komisches Ding in die Augen. Es fängt mit „kaker-„ an und endet mit „lake“. Stephen hatte sie in unserem Zimmer geplättet. Da war ich ebenso geplättet. Und jeder reagiert bei so was unterschiedlich, ich fand es gar nicht so schlimm, ich wurde allerdings von unserem Appartementpartner an Entspannung noch übertroffen. Originalton von Samo aus Brattislava: Nur eine? Langweilig.

Seit neustem Kämpfe ich mit Krämpfen, die mich aus dem Schlaf reißen lassen, so wie auch die superweichen Matratzen, in denen man so sehr einsinkt, das die Stirn beinah die Knie berührt, die Mücken die einen erbarmungslos mit Summen und Stichen penetrieren, der Nachbar der am einzigen freien tag bei einer Wanddicke von einem gefühlten halben kleinen Finger anfängt seine Saxophonübungen durchzuführen, die fahrenden Händler, die mit Mikrophon zu menschenunmöglichen Zeiten ihre Wahre anpreisen, die niemals so gut sein kann, um dieses Spektakel zu rechtfertigen, oder die Routine, die einen hochschrecken lässt.

Eine neue Frisur musste her. Wann und wo wenn nicht hier, die Gäste sehen mich nur eine Woche, maximal zwei und getreu meiner neusten positiven Erfahrung (einfach machen, man bereut im Nachhinein immer das was man nicht gewagt hat, nicht das, zu dem man sich getraut hat) sehe ich etwas anders als sonst aus. Die Seiten habe ich ganz kurz, oben länger, Seitenscheitel, vorne Locken. Meinen Mut muss ich fairerweise etwas rationalisieren. Ich habe der italienischen Friseurin kraft meines unzulänglichen Sprachvermögens wohl nicht ganz die Feinheiten vermitteln können, die mir die deutsche Sprache offeriert hätte, mein Haarwunsch muss übersetzt so viel Spielraum geboten haben wie: Seite Kurz, Rest weiß noch nicht“ ZzZzrrrgzzr machte es und ich realisierte, dass sie an meiner Seite mit dem kleinsten Aufsatz in einerunglaublichen Geschwindigkeit ( in etwa derjenigen, mit der sich eine komplett neue Axe-Deoflasche in einer WG offen rumstehend verflüchtigt) durch meine Wolle geschossen war. Soviel zum Thema: ich habe mich bewusst entschieden…
Während ich hier sitze trage ich die Haare zentriert in der Mitte und die schminke um die Augen von der gestrigen Queen-Schau, sehe also wie ein Cherokee-Indianer aus.

Das Verb „Flanieren“ kommt aus dem Italienischen und soll in einer kurzen Erläuterung erklärt werden, die genaue Funktion, der Ablauf schnell entworfen werden. Man betrachte objektiv als Außenstehender.
Zwei Gruppen von Italienern bewegen sich, vorzugsweise am Strand oder an der Promenade, aufeinander zu. Verschiedene Möglichkeiten der ersten Kontaktaufnahme offenbaren sich. Je nach Grad der Flirtbereitschaft wird der Erstkontakt schon sehr früh aufgenommen. Das „Ciao“ kommt umso früher, je länger man sich die Zeit des Redens-beim-Vorrübergehen gönnt. Auch beliebt, die bis-zum-letzten-moment-warten Taktik, bei der in dem letzten Bruchteil einer Sekunde, kurz bevor das Objekt der flüchtigen Begierde aus dem Peripherblick verschwindet, der Kopf ruckartig rumgerissen wird, um eine ultraschnelle Erstevaluation durchzuführen, die dann im italienischen ja-nein Verfahren das weitere Vorgehen bestimmt. Denn ganz offenbar haben meine derzeitigen Landsleute die primärste Form des Flirtens entworfen. ER will immer, seine Bereitschaft wird durch unverhohlene Ganzkörpermusterung signalisiert, die Entscheidungsgewalt der Partnerwahl wird somit allerdings komplett in die Hand der Weibchen gelegt. SIE kann sich des eins-null Systems bedienen, Null, also „Nein“ ist in der konkreten Umsetzung das komplette Ignorieren des Gegenübers, eins, demnach „Ja“ ist interessanterweise nicht viel mehr als ein flüchtiger Blick, in seltenen Fällen auch in Kombination mit einem Lächeln unter sozialen Beobachtern gesehen worden, in solchen Momenten dürfen sich die Männchen besonders große Hoffnungen machen, doch Obacht, diese dürfen sich nicht immer ihres Erfolges bei der Partnerfindung in solch einem frühen Stadium gewiss sein, denn es gibt die gewiefte Form der Ego-Pusherin unter den Flaniererinnen. Gerät man in die Fänge einer solchen hat man verloren.
Fortsetzung folgt, die Studie ist im vollen Gang…

Dieser bedankt sich mit einem lauten Kriegsheuler bei euch für eure halbe Stunde Aufmerksamkeit, Kommentare schickt am besten an meine Adresse hier:

Matthias Lücke Animation
Hotel sunbeach resort
Via Lungomare 1
88069 Squillace Lido
Catanzaro

Mittwoch, 20. Mai 2009

einmal mehr

wie ihr ja gemerkt habt haben wir im Moment viel um die Ohren. Unser sechzehn stunden Tag drückt etwas auf die Glieder. Morgens um neun fangen wir an, arbeiten bis halb eins, essen schnell eine halbe Stunde, haben ein Meeting und Proben dann für die Show, die wir diesen Freitag zum ersten Mal aufführen müssen. Im Moment lerne ich den ganzen Tag noch nebenher den Text, den ich singen muss, also mit mp3 player im Bett vorm einschlafen (auch beim einschlafen, bin aufgewacht und hatte immer noch die Stöpsel im Ohr und einen Abdruck in Ipod-Form im Gesicht) auf der Toilette und auf dem Weg zum Hotel.
Aber als großen Ausgleich hatte ich gestern einmal mehr frei, der tag war auch prompt der Hammer, den Freunde von uns, Laura und Lena haben sich einfach einen Mietwagen genommen um hier auf der anderen Seite Kalabriens mit mir den freien Tag zu verbringen, also waren wir zur Abwechslung mal mobil! ;)
Natürlich sind wir direkt an den Strand gefahren, haben das gemacht was wir sonst den ganzen Tag am Hotel sehen, nämlich gedöst, Kekse gemampft und gelesen.
Abends musste ich noch mal ran um die Sketcheshow zu unterstützen, jetzt wo wir mehr Leute sind, machen wir auch nicht mehr alle so viele Rollen gleichzeitig, heißt nicht mehr ganz so hektisches Umziehen hinter der Bühne, was Stephen und ich uns allerdings rausgenommen haben, war, dass wir Rollen tauschen, sodass man unterschiedliche Charaktere spielen lernt.
wegen des Tanzens habe ich etwas Probleme, den ich bin vorgestern Nacht mit voller Kraft in die dunkle Disko gerannt, habe im Halbdunkel den Schienbeinhohen Tisch übersehen und promt eine ähnlich dramatische und nicht endenwollende Zusammenfürung von Holz und Fleisch erlebt, wie wenn seit Jahren getrennte Familienmitglieder sich heulend in die Arme fallen. Der einzige, der geheult hat, war aber ich. Und zwar nicht aus Freude.
Um diesen Blog abzurunden und der allgemeinen Erwartung gerecht zu werden euren Alltag etwas aufzufrischen, hier noch ein kleiner kreativer Abschluss:

In Italien arbeitet sichs fein
gearbeitet wird hart und geteilt
man schläft auch schon mal ein
betrachtet die Andern gelangweilt

Ich im Infopoint sitz
Handtücher sind mein Metier
mentale Anforderung ein Witz
Ich Tourismus nun kapier:

manche reisen in die Ferne
um zu meckern mit Inbrunst
man meint sie tun es gerne
es ist der deutschen kunst

all inclusive zwar wunderbar
aber mäkeln hier, motzen da
trinken auch nicht zu rar
sitzen nörgelnd an der Bar

Mittwoch, 13. Mai 2009

Freier tag, schon wieder

Ja arbeiten die denn da auch nochmal? Ja, doch, schon mal so ab und zu. Heute habe ich wieder mein Hardcoreprogramm bezüglich schlafen durchgezogen und ohne Rücksicht auf Stunden mich auf dem Schlachtfeld (Bett) vorzüglich geschlagen und ohne Rückzug gepennt und gepennt. Das ist übrigens etwas , das ich erst lernen musste, mit gutem Gewissen sich mal richtig zu entspannen, aber dafür braucht man nur Arbeit, dann geht das mit dem Lernen auch ganz schnell. Da wir jetzt vor zwei Tagen Zuwachs bekommen haben, slowakische Jungs, die englisch sprechen, können wir bald die Shows fahren. Da wir aber wie gesagt Männchen bekommen haben und nach wie vor nur zwei Mädels unser Eigen nennen können, fällt Greesevorerst aus und wir machen eine andere Show, nämlich "Queen".
Mit allen Songs die man so kennt, "Radio Gaga", "I want to beak free" und vielen anderen, einige an der Zahl, zu denen jeweils Choreographien gelernt werden müssen. Im Gegensatz zu der Travolta-nummer wird kaum geschauspielert, sondern viel getanzt, eine wirkliche Zappelshow, auch nicht die Einfachste, da können wir leider im Moment nichts anderes machen. Aber: we are the champions! Wir biegen das schon.
Wie sollte es auch anders sein, ich bin Galileo, also eigentlich einer der präsentesten Hauptdarsteller, ich bin oft im Vordegrund, habe viel Playback und habe somit neben dem "Danny" von Greese alle Mittel in der Hand, um in diesem Sommer Tanztechnisch richtig loszulegen und dabei noch eine gezwungenermaßen unfreiwillige Schauspielausbildung zu genießen.
Ich habe damit aber mittlerweile überhaupt kein Problem mehr, gestern hatte ich so unglaublich gute Laune, dass ich den ganzen Abend alleine Moderiert habe, das Publikum hat auch entsprechend positiv reagiert, ich stand mit dem Mikro in der Hand grinsend und Tanzend im Scheinwerferlicht und die Leute grinsten und lachten ebenfalls, also ich bei unserem Tanzabend-spiel, bei dem Titelsong von "Dirty Dancing" Kathi stemmte und über meinem Kopf wirbelte.

Freitag, 8. Mai 2009

Duschen, Mikrophone und Steine

Die kaputte Dusche. es ist ein Phänomen, dass einen die kleinen Dinge stören, wenn es auch größere Probleme gibt. Die Dusche. Ich glaube zwei Objekte in diesem Universum sind unentschlossen und wissen nicht so recht was sie wollen, das eine sind Frauen, das andere unsere Dusche. Der Hebel zum einstellen der Temperatur ist vom Kraftbedürfnis her mit zwei Händen zu bewegen, hat eine Kurbellänge von einem Meter, auf welchem sich die einzelnen Temperaturunterschiede einstellen lassen. Theoretisch linear. Dreht man aber an dem Hebel passiert eine ganze Weile nichts. Grenz man nun die empfindliche Zone der tatsächlichen Temperaturbestimmung ein, merkt man, dass genau ein Millimeter den Unterschied von "Kältetod" oder "Verbrühen" ausmacht. Ich stehe also in der Dusche und versuche mich angenehm zu erfrischen, während mir abwechselnd die Zehen taub oder zerkocht werden (nicht vergessen: nur die Zehen, denn ich bin ja an die Wand gepresst, die übrigens glipschig und kalt ist).
Hier im Sun Beach Hotel lerne ich aber auch viel, wir alle, denn man wird aufgrund der Umstände dazu gezwungen. Hätte mir jemand gesagt du musst vor über hundert Leuten auf die Bühne mit einem Mikrophon in der Hand, alles ankündigen, für gute Stimmung sorgen und mitreißen, auf keinen fall aber Unsicherheit ausstrahlen, hätte ich demjenigen warscheinlich vor einem halben Jahr noch einen Vogel gezeigt und mir sofort bei einer Spontan-durchfall-Attacke die Buchsen zerschossen. Genau das war aber gestern schon zum zweiten Mal der Fall. Ich in der Mitte, das Ding, welches an ein elektronisches Eis in der Tüte erinnert, nur für jemanden mit Lampenfieber ein Folterinstrument ist, in der Hand, dazu passend das verkrampfte Lächeln auf den Lippen. Soviel kann ich verraten, alles lief gut, man gewöhnt sich erstaunlich schnell an das Auftreten vor Menschengruppen, gestern war ich schon sehr viel entspannter und ich kann mir vorstellen das ich später sogar richtig Spaß daran bekommen könnte. Wenn ich am Ende des Sommers eine braungebrannte, auf der Bühne frech-scherzende Rampensau bin, habe ich es geschafft!
Ich glaube es war Anfang Mai, wo ein Werter Herr am Boden Mückchen und Blümchen sah, in einem Mikro- oder sogar Makrokosmos gefangen, mit der Nase auf dem Boden, sich seinen naiv-kindlich unschuldigsten Bedürfnissen ergab und eins war mit der Natur, mit Gott in der Natur. Ähnlich dieser von Goethe entworfenen pantheistischen Charakters, aber ohne das anschließende Leiden, bin ich bei wunderschönem Wetter am Strand entlang gegangen und betrachtete Steine. Man sollte meinen das ist nichts von Wert, aber viele sind auf ihre Weise schön, ich sammelte grüne, die in etwa wie Jade aussahen, alsbald rote, wollte hernach alle Farben sammeln, diese in meinem Zimmer aufstellen, alles vermischt. Dazu hätte ich aber bloß in den Sand mit einer vollen Hand greifen brauchen, denn die hübscheste Mischung zaubert das Meer. Derhalben entschloss ich mich also dem Regenbogen nachzuempfinden und eine art Farbpalette auf mein Fensterbrett zu dekorieren, jedoch konnte ich Stephen schon in Gedanken mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen sagen hören: typisch, Mattes sortiert den Strand. So entschloss ich mich mein fröhliches Unterfangen, dem ich eine größtmögliche Würde zu verleihen suchte, alsbald zu beenden und bewegte mich unentschlossenen Schrittes wieder gen Arbeit.

Mittwoch, 6. Mai 2009

Radeln

Ich habe das Fahrradfahren in der bevorzugt vertikalen entdeckt, also das Mountainbiken. Wie haben in unserer nächsten Umgebung viele Objekte der getürmten Qual, wo ich die Touristen regelmäßig raufscheuche. Was meine Opfer angeht gibt es zwei Kathegorien innerhalb der deutschen Exemplare. Einerseits Homo Selbstüberschätzobergensis, der typische Nichtskönner, der auf meine Frage wer den schon mal ein Mountainbike unter dem Hintern hatte, verächtlich schnaubt, mich mustert und mir nonverbal zu verstehen gibt er sei eine Humane PS, seine kleine ihn anhimmelde Frau beeindrucken will und dann einmal-treten vom Hotel entfernt die Gangschaltung nicht versteht. Vom Alter her eher die Jüngeren.
Die Anderen sind das genaue Gegenteil, meist etwas ältere Männer, meist sogar etwas schmächtig, aber im deutschen Gebirge groß geworden und täglich mit ihrem Ultramodernen Rad unterwegs. Diese verhalten sich dezent und preschen dann auf einmal an mir vorbei, sodass ich nicht mal mit Testosteron, gutem Willen und Kraft der Jugend mithalten kann. Wasser kennen sie nicht, begutachten aber noch in voller Fahrt die Schönheiten der Flora und Fauna, lenken meine Aufmerksamkeit weg von meinem persönlichen Horizont, meinem Lenker, zücken bei gefühlten siebzig Km/h die Karte aus ihrem Fahrradequipment und beweisen im allgemeinen die Ausdauer auf dem Berg, den die restlichen Touristen im Biergarten mit weiß-blau karrierter Tischdecke beweisen, wenn sie all-inclusive gebucht haben.
Mein Part bei der ganzen Sache ist das Einschätzen der einzelnen Könnensstufen, mir wird es aber nicht allzu leicht gemacht. Jeder, naja nennen wir es mal dezent "flunkert" mich etwas an.
Die Aussicht oben auf den Bergen ist umwerfend und wenn man dann endlich den Berg runterschießen kann ist das als würde man fliegen( ja Mama, ich trage einen Helm). Heute habe ich meine Grenze erlebt, denn die Italiener fahren auch in den Serpentinen mal gerne auf die Gegenfahrbahn, gleichzeitig flog mir etwas ins Auge, mit einer Zielsicherheit mit der schon besagte Bierbankfrequentierer den Griff ihres Weizenbiers finden.
Jetzt werde ich vorsichtiger fahren, aber täglich zwei Stunden radeln tut gut, da schmeckt die Pasta auch dem Gewissen, auch der zweite und dritte Teller.