Freitag, 30. April 2010

Reise Reise: Zugfahrt nach Mombasa

Tag 5

Hallo ihr Lieben
Ratta ratta, wir sitzen im Zug richtung Kueste in einem Abteil erster Klasse, was heisst dass wir viel Platz su zweit in einem eigenen Schlafabteil haben.

Abends. Eine atemberaubende Flaeche unendlich scheinender Landschaft gleitet fast taghell, nur durch den Mond beschienen durch die Nacht. Man erkennt deutlich die Schirmarkazien und Huegel, Buesche und Felder. Ab und zu taucht ein einsames Haus auf. Wir halten an einer verlassenen Bahnstation mitten im Nichts: KIU sagt das Schild. Wo bitte?, frage ich Jonas.
Wir winken dem einzigen Bahnpersonal auf verlorenem Posten durch die Nacht zu. Sein Lachen brandet irre und so einsam auf, als hielte er uns fuer eine seiner warscheinlich durch die Oede und Langeweile seines Verstandes erzeugten Wahnvorstellungen. Gruselromantik.

Wir fahren weiter und an uns zischt die Nacht, der warme Fahrtwind und ein vereinzelt aus der Steppe hervordringender muuuUUZUUUunguuuuu-Ruf vorbei.
Wir lehnen uns aus dem Fenster und besehen durch die Wolken brechenden Mond. Er taucht alles in grau-blau und wirft bizarre Schatten durch die Landschaft. Fernab jeglicher zivilisation schieben sich die Abteile mit den in den Kabinen eingebetteten einzelnen Schicksalen wie an einer Perlenschnur aufgereihte naechtlich beleuchtete Wohnzimmer durch die Nacht.

Beim Abendessen kommt kolonialer Flair auf, als wir mit klingelndem Gloeckchen zu Tisch gebeten werden, wo schwarz-weiss bekleidete Bedienung in berueschten Schuerzen gekonnt Tee in das alte originale Tafelsilber giesst.
Gluecklich liege ich in dem inzwischen gemachten Bett und lasse mich rythmisch in den Schlaf ruckeln.


Jonas weckt mich, es ist halbdunkel. Wir hatten uns fest vorgenommen uns den eines jeden Disneyliebhabers gehegten Kindheitswunsch eines Koenig-der-Loewen Sonnenaufgangs ueber der Savanne zu goennen.

Die frische Fahrtluft eines neu angekuendigten Tages umspielt meine Haare waehrend ich aus dem Fenster lehne, eingekuschelt in Decken. Es ist Kuehl. Wie ein Scherenschnitt, in purem Kontrast stehen baobab-Baeume dunkel und selbstsicher gegen lila-blutrot getraenkte Wolken, Vorfreude verheissende Boten, am Horizont. Die Landschaft ist unendlich weit, der Horizont schier unermesslich lang, man hat den Eindruck als wuerde dem Firmament mehr Platz geboten sich frei zu entfalten.
Ich kann mich kaum satt sehen, an all dem immens Grossem, wo sich das Auge im kaum Vorstellbarem verliert. Im Vordergrund gleiten Dornenbuesche durch das Morgengrauen, feucht und kuehl, sich wappnend gegen den bevorstehenden heissen Tag. Ein Wolkenschleier zieht sich lang durch das jedes Gemaelde da vincis in den Schatten stellende Bild, sanft mit der gesammten Palette der warmen Farben spielend.

Warm liebkost ploetzlich die leuchtende Koenigin mit ihren hervorbrechenden Sonnenfingern mein Gesicht, kuesst mich in den Tag, waehrend mich ein gluehend-roter Feuerball fuer Sekunden blendet und imposant den neuen Tag ankuendigt. Wie ein sorgfaeltig drappierter Seidenschal um ein Aktmodell schmiegt sich eine zarte Wolke an den orangefarbenen emporsteigenden Leib, als versuchte sie mit geroeteten Wangen diesen anzueglichen Moment etwas zu mildern.
Wuerdevoll und anmutig steigt die Sonne empor.

Eine Glocke laeutet. Breakfast. Wiederwilig weiche ich von dem fesselnden Anblick zurueck.
Nie wieder nicht reisen fluestere ich erleuchtet-traeumerisch wie zu mir selbst, niemals, stimmt mir Jonas an meiner Seite ehrfuerchtig zu

4 Kommentare:

Opi hat gesagt…

"Nie wieder nicht reisen", mit der Eisenbahn, erster Klasse, durch traumhafte Landschaften.
Ich freu mich mit dir. Bin per Internet schon mal ans Ziel eurer Bahnreise, Mombase, (voraus)geeilt. Ist natürlich nicht nicht andeutungsweise so schön.
Weiterhin so eindrucksvolles Reisen.
Es grüßen ganz lieb
deine Großeltern aus
Ostfriesland
Allerbest!

Anonym hat gesagt…

Euer Wahlspruch, oder besser noch solch Lebensmotto ist absolut nach meinem Geschmack, steckt auch in mir ein Leben lang drin...

genieße es
Pap

Jule hat gesagt…

grandiose beschreibung. I read it in awe.
wann bist du wieder in Berlin (und wie lange...)?

Anonym hat gesagt…

wunderschöne beschreibung mein brasa... ich bin in Gedanken sehr oft bei dir