Salut liebe Freunde des internationalen Kickens. Aus
gegebenem Anlass der letzten Tage wo es um die Fußball Weltmeisterschafts-
Qualifikationen geht, soll hier nun kurz aus dem Land berichtet werden, wo das
Nationalteam „les étalons“ heißt und so
viel wie „die Hengste“ bedeutet. Burkina war noch nie bei einer WM dabei,
entsprechend sind hier alle heiß auf eine Teilnahme derjenigen Spieler, auf deren
Brust zwei marzialisch aufbäumende Tiere prangen.
Wenn man über Fußball redet, muss man aufpassen, den die
Gemüter erhitzen sich hier sehr schnell, jeder weiß genau wer der Beste ist und
wie das nächste Spiel ausgehen wird. Mehr als einmal saß ich an der Ecke mit
anderen als sich auf einmal alle hysterisch anschriehen, wild gefuchtelt wurde
und ich dachte dass gleich alle aufeinander los gehen - auf meine Frage
hin was den eigentlich in Gottes Nahmen (ich nehme meine Rolle als Christ hier
ernst) los sei, wurde mir nur knapp erwidert, dass es mal wieder um die Hengste
ginge.
Der Qualifikationsgegner ist Algerien. Die Algerier waren
schon zweimal dabei und gelten als Favoriten. Das Hinspiel findet in Ouaga statt
und ich habe das Glück über meinen Kumpel hier an Karten ranzukommen. Das
heißt er hat einen Kumpel, der bei der Polizei in der Sportabteilung arbeitet
und für Freunde Karten zurückhält-
Bingo. Wir fahren am Tag des Spiels zu zweit mit dem Moto zum Stadion und
merken schnell – die ganze Stadt ist am kochen, alles ist motorisiert und ströhmt
in eine Richtung, mit schwenkenden und hinter sich her flatternden Fahnen rasen
junge Leute aneinander vorbei um noch einen Abstellplatz für die Motos zu
bekommen. Wir kennen Leute die neben dem Station wohnen und stellen alles in
deren Garten ab, rennen zum Eingang und schaffen es tatsächlich uns nicht zu
verlieren. Ich renne Bénoit hinterher und sehe zu, wie er sich an einer
Schlange vorbeidrängelt, zum Frust aller hinter uns. Mir ist es unangenehm und
sehe mich plötzlich der Wahl ausgesetzt, entweder mich artig anzustellen und
die anderen in der Masse verschwinden zu sehen, oder… tatsächlich war es kaum
ein Wahl, ich renne wie besessen hinterher, die Menschenmenge verschluckt immer
wieder meine Leute, ich klammer mich an sie fest und lasse mich endlich durch
den Eingang ins freie gleiten und stehe in der Sonne. Schnell greifen wir uns
die Sitze ab und sind überglücklich, dass wir noch etwas zu trinken gekauft
hatten, denn es ist mittags, zwei stunden vor Spielbeginn und wir werden von einer
sengenden, unerbittlichen Sonne in der Fankurve gebrutzelt.
Alle sind irgendwie angemalt, gekleidet in rot-grün-gelb und
halten Schals in der Hand. Ich werde misstrauisch beäugt, ich habe meinen
grünen Schal um den Kopf gewickelt und merke leider zu spät, dass es eher
arabisch aussieht. Etwas misstrauisch werde ich beäugt und gefragt welches Team
ich denn bitte unterstützen würde. Diplomatisch nehme ich einen Hengst-Schal an
und binde ihn mir in rambo-manier um die Stirn. Man ist zufrieden mit meiner
Gunstbezeugung. Die Spieler laufen ein und tosender Applaus brandet auf, die
Nationalhymne wird gespielt und alle singen stolz mit.
Dann ging das Spiel endlich los, unten laufen menschliche Fahnen rum und heizen die Stimmung an, ab und zu läuft ein Typ mit
übergroßem Hut entlang, hat einen langen Stab in der einen Hand und ein Huhn mit
den Farben Burkinas in der anderen. Ich muss lachen, aber jemand neben mir
meinte das sei wichtig, er zaubert dass alles gut wird. Ich nehme das nicht so
ernst. Bis die zweite Halbzeit kam.
Auf einmal fingen die Fans Burkinas an
laut aufzustöhnen, zu schreien, jemand in der Menge kreischt schrill und auf
einmal fliegen Sachen durch die Luft, Flaschen, Getränkepäckchen die vorher
noch verteilt wurden. Die Security wirkt überfordert, mangels Zugangsmöglichkeit
zu den erhöhten Rängen entern sie regelrecht die Ränge mit Leitern um die Leute
zu beruhigen. Was war da los? Ein Tor war gefallen. Das ist an sich nichts Besonderes.
Nur hatten sich hinter dem Tor Burkinas algerische Spieler erwärmt, hatten
sich manchmal (so dachte ich) weniger motiviert fit gemacht, als interessiert dem Spiel
zugeschaut. Doch als das Tor fiel war allen klar: das war WAK.
Wak, das ist
bösartiger Zauber. Die algerischen Spieler verhexten die Hengste. Das war für
die Burkina Fans nicht zu ertragen. Verlieren? Ja, aber fair, nicht mit faulen
Zaubertricks! Dass die algerischen Spieler da auch nicht wegwollten (es gab
sonst keine Grünfläche mehr im Stadion, so meine Interpretation) machte die
Sache auch nicht besser. Als der Co-Trainer aufgeregt zu seinen Schützlingen
lief, hieß es er würde ihnen die Zauberanweisungen bringen. Auch Bénoit
fuchtelte wild mit den Armen und schrie wie besessen, ich lachte und fragte ob er das
ernst meinte. Als sich jedoch einige Leute zu mir finster umdrehten und grimmig
anschauten, wurde mir klar: die meinen das ernst, das ist hier soziale Realität.
Ich versuchte schnell einzulenken und gab kleinlaut zu, dass es zumindest „unüblich..ja
nee désolé, wirklich komisch, ja komisch und seltsam sei“ dass das nichts gutes
heißen kann dämmerte mir auf eine andere art als meinen Leuten.
Die Étalons gewannen.
Das war wohl auch besser so, sonst wäre das Stadion zum Hexenkessel
geworden. Mit gemischten Gefühlen fuhr ich hinten auf dem Moto aufsitzend durch
die Dunkelheit. Am Rationalitätsbruch meiner Leute habe ich ganz schön zu
knabbern.
1 Kommentar:
Klasse!! Einfach nur schön zu lesen. :))
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