Dienstag, 5. November 2013

Tabaski




Tabaski ist nicht der verniedlichende Name für scharfe Soße, sondern das muslimische Opferfest, dass hier groß gefeiert wird. Über die Tatsache hinaus das es mir ein verlängertes Wochenende bescherte war es eine besondere Freude hier zu erleben, wie das Miteinander abläuft. Dazu muss man sagen, dass der Großteil der Gläubigen hier Muslime sind, es also dementsprechend ein Nationalfeiertag ist. Nun ist man hier glücklicherweise tolerant untereinander was die Religionen angeht, mehr als einmal saß ich im Kreis von Leuten wo sich angeregt über theologische Fragen unterhalten wurde, ohne aber die generelle frage aufzuwerfen, ob der andere nicht recht eigentlich den falschen Gott anbeten würde. Wenn man fragt, dann sagen viele, "Diskutieren ja, aber niemand kann mit sagen was ich zu glauben habe!" Als 2012 der Mohammed-schmäh Film durch das Internet kursierte, nahmen auch die christlichen Kirchen Stellung dazu, bekräftigten stark ihre Ablehnung. In Burkina ist die Religiöse Toleranz vorbildlich, aber auch verständlich. Geschwister habe hier nicht selten verschiedene Denominationen, ohne Probleme. Gäbe es religöse Zwiste, dann gingen die Kämpfe quer durch die Familien. Das will hier keiner.

Das einzige was ein Tabu ist, ist Atheismus. Es ist egal was du glaubst, solange du irgendwas glaubst. Gegen andere Religionen oder Glaubensabspaltungen ist man tolerant und unmissionarisch, aber wehe dem, der zugibt, dass er ohne eine irgend geartete Vorstellung des Lebens nach dem Tod über den Erdball robbt. Aus pragmatischen Gründen und Erfahrungen aus Rwanda entschied ich mich nach der ersten Frage kurzerhand dazu zu beteuern, ich sei Protestant, da ich mehr als einmal erlebt hatte wie in der Runde dann ein kollektives Stöhnen aufbrandet, wenn man sagt "Ähh nö, kein Gott für mich". Da jeder einen Gott haben muss, so die Annahme, darf man dich dann auch bestürmen doch ihre Religion anzunehmen. Dann wird es zugegebenermaßen interessant, aber auch stressig.

Christ also. Da man hier aber auch viel von Nachbarschaft und interfamiliärer Verbindung hält und die Religiösen Unterschiede quer durch die Verwandschaft laufen, wird einfach kurzerhand jeder eingeladen, um gemeinsam zu Feiern. Konkret sah das dann so aus, das wir auf den Motos durch die Nachbarschaft jagten und Schnitzeljagt spielten, bloß dass es um Schafe ging. Bénoit, bei dem ich die ersten Nächte Couchsurfer war und mir hier stets hilft mich einzufinden in die Gesellschaft, wusste genau wo die gehäuteten und gegrillten Tiere zum Teilen bereit standen. Wir fuhren also von Nachbar zu Onkel zu Nachbar, bekamen überall etwas vorgesetzt, bedankten uns artig und düsten dann weiter.

Das Konzept von "Einladung" ist hier etwas anders. Eingeladen ist, wer kommt. Und wer kommt, isst. Wer isst, bekommt noch eine Cola oder Bier dazu. Wer aufmerksam der Kausalkette folge, wird sich folgende Frage stellen: Woher weiß man denn eigentlich wie viele kommen? Antwort: man weiß es nicht. Jetzt muss man zusätzlich erwähnen, dass es hier kaum etwas peinlicheres gibt, als nichts mehr zu Essen anbieten zu können, wenn man Gäste hat. Die Gäste wissen das auch. Dementsprechend müssen unglaubliche Mengen an Essen zur Verfügung gestellt werden, weil man einfach nicht weiß, wie viele „Gäste“ auf einmal im Hof stehen, sobald man angekündigt hat zu feiern. Und wenn gefeiert wird, dann greift man schon eher schamlos zu und mampft kräftig drauflos. Auf meine Frage hin, wie man denn Planungssicherheit haben könne, schüttelte Bénoits Bruder nur den Kopf, lachte aufbrandend und sagte " Après la fête, c'est la defaite" - nach der Feier ist es der Ruin... und fügte dann später hinzu "Aber nach dem Ruin heißt es dann: Feiern!"
Ich muss grinsen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ups, bist DU das auf den Fotos? Ich habe Dich so lange nicht gesehen, bin mir gar nicht sicher.
Weiterhin viel Spaß & liebe Grüße lucky-one